Kandidat für den Springer Medizin CharityAward 2012: "Balu und Du"

Eine Chance für benachteiligte Kinder

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Benachteiligte Grundschulkinder bekommen für ein Jahr einen jungen Erwachsenen als Mentor an ihre Seite. Das ist das Konzept des Präventionsprogramms "Balu und Du". Die Kinder lernen spielerisch, Alltagsprobleme zu meistern.

Von Ursula Armstrong

Erdbeeren essen macht Spaß - bei "Balu und Du" machen Problemkinder ganz neue Erfahrungen.

Erdbeeren essen macht Spaß - bei "Balu und Du" machen Problemkinder ganz neue Erfahrungen.

© Balu und Du

"Probier's mal mit Gemütlichkeit, mit Ruhe und Gemütlichkeit jagst du den Alltag und die Sorgen weg…" Wer kennt ihn nicht, den fröhlichen, singenden Bären Balu aus dem Disney-Film nach Rudyard Kiplings "Das Dschungelbuch".

Balu ist der Freund des kleinen Jungen Mogli. Er steht ihm bei und lehrt ihn, gelassen mit Alltagsproblemen fertig zu werden. Der freundliche Bär steht Pate für ein präventives Mentorenprogramm für benachteiligte Grundschulkinder: "Balu und Du". Denn auch da geht es um das Lernen im Alltag mit Spaß und Gemütlichkeit.

Grundschulkinder zwischen sechs und zehn Jahren, die unter schwierigen und teils belastenden Verhältnissen leben, werden von ihren Lehrern für "Balu und Du" vorgeschlagen.

Manche Kinder haben Schwierigkeiten in der Schule, andere sind unsicher mit der Sprache, streiten häufig, verbringen viel zu viel Zeit vor dem Computer oder haben ein gestörtes Essverhalten. Mit Zustimmung der Eltern werden diese Kinder zu "Moglis" und bekommen für ein Jahr einen "Balu" als Mentor an ihre Seite.

Über 3000 Kinder sind begleitet worden

"Balus" sind junge Menschen zwischen 17 und 30 Jahren, meist Studenten, die sich einmal wöchentlich für einige Stunden mit ihrem "Mogli" treffen und etwas unternehmen, was beiden Freude macht.

Sie spielen etwa Fußball, gehen ins Schwimmbad, ins Kino oder ins Museum, lesen, kochen oder malen zusammen. So erschließen sie den Kindern die Welt jenseits der Familie, des Computers oder des Fernsehers.

Dabei werden die "Balus" nicht alleine gelassen, sie bekommen jede Unterstützung, die sie brauchen. Seit der Gründung von "Balu und Du" vor zehn Jahren sind bereits über 3000 Kinder von genauso vielen ehrenamtlichen Mentoren begleitet worden.

"Balu und Du" ist aber nicht etwa ein Trainingskurs, auch keine Therapie. Die Philosophie des Programms ist vielmehr das informelle Lernen - so ganz nebenbei, eben mit Gemütlichkeit und Spaß.

Die Kinder lernen ohne Leistungsdruck, praktisch nebenher. Dabei können sich verborgene Talente entfalten, Hobbys ausbilden und die Fähigkeit entwickeln, Alltagsprobleme zu meistern.

Wie positiv sich "Balu und Du" auf die Entwicklung der teilnehmenden Kinder auswirkt, ist in vielen Studien nachgewiesen worden. Von Anfang an nämlich hat Professor Hildegard Müller-Kohlenberg von der Universität Osnabrück das präventive Projekt, das auch von ihr mitgegründet wurde, wissenschaftlich begleitet.

Und da zeigte sich, dass sich durch die engagierte Zuwendung und Betreuung der "Balus" etwa die Kommunikations-, die Kontakt- und die Konzentrationsfähigkeit, die Ausgeglichenheit und das Selbstwertgefühl der "Moglis" verbessern.

Programm wirkt positiv auf Gesundheit der Kinder

"Balu und Du"

"Balu und Du" ist ein ehrenamtliches Präventionsprogramm, das benachteiligte Kinder im Grundschulalter fördert. Die Kinder sollen - neben Familie und Schule - eine weitere Chance erhalten, sich ihren positiven Anlagen gemäß zu entwickeln und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Die Mentoren ("Balus") des Programms, junge Erwachsene zwischen 17 und 30 Jahren, stehen ihnen dabei zur Seite. Die Kinder ("Moglis") machen unter ihrer Anleitung neue Erfahrungen und erhalten außerschulische Lernanregungen. "Balu und Du" wurde im Jahr 2002 gegründet.

Inzwischen gibt es "Balu und Du" bundesweit an über 40 Standorten. Bisher sind über 3000 "Moglis" betreut worden. (ug)

www.balu-und-du.de

Erstaunlich ist die Wirkung auf die Aggression, denn gerade die Aggression gilt als ein sehr stabiles und schwer zu beeinflussendes Merkmal mit eher einer Tendenz zur Verschlimmerung.

Doch die Evaluation des "Balu-und-Du"-Programms ergab, dass sich die Kinder danach in ihrer Freizeit deutlich kompetenter in Situationen verhalten, in denen sie vor dem Programm zu sozial unerwünschten, eskalierend aggressiven Reaktionen tendierten.

Aber mehr noch: Das Präventionsprogramm hat auch eine positive Wirkung auf die Gesundheit der Kinder. Darauf deuten vorläufige Ergebnisse einer neuen Studie hin. 141 "Moglis" und 158 Kontroll-Kinder waren darin einbezogen und wurden zu zwei Zeitpunkten untersucht, zu Beginn des Programms und ein Jahr später.

Auch die Eltern und die Lehrer wurden befragt sowie die anonymisierten Tagebücher, die die "Balus" führen, analysiert. Noch ist die Studie nicht ganz ausgewertet. Aber es zeigt sich schon jetzt, dass sich die gesundheitsrelevanten Werte der "Moglis" während des einjährigen Programms deutlich verbessert haben.

Die Kinder lebten danach gesünder und waren auch zum Beispiel weniger gestresst, wie Messungen des Haarcortisols ergeben haben. Müller-Kohlenberg fasst zusammen: "Nach der Konvention, wonach eine Effektstärke über 0,8 (gemessen in Cohen's d) als "hoher Effekt" angesehen wird, darf der hier ermittelte Nettoeffekt für die Veränderung der Dimension "physical wellbeing" (d=1,19) als beachtliche Verbesserung des körperlichen Wohlbefindens der Kinder gelten."

"Balu und Du" ist ein Rundum-Präventionsprogramm. Und in so einem "Balu"-Jahr passiert eine Menge - übrigens nicht nur für die "Moglis", auch "Balus" bereichert die Mentorentätigkeit.

"Die Balu-und-Du-Magie wirkt garantiert", so "Balu" Eva Lichtenberg. "Zur Nachahmung empfohlen."

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