Gesunde Kinder

Netzwerk macht fit fürs Leben

Um ein Kind großzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf, heißt ein afrikanisches Sprichwort. In Brandenburg begleiten regionale Netzwerke Kinder und ihre Familien durch die ersten drei Lebensjahre, damit sie gesund aufwachsen.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:
Gesund und fit aufwachsen in Brandenburg: Professionell geschulte Paten begleiten Kinder und ihre Eltern. Sie beraten und geben bei der Erziehung wichtige Ratschläge.

Gesund und fit aufwachsen in Brandenburg: Professionell geschulte Paten begleiten Kinder und ihre Eltern. Sie beraten und geben bei der Erziehung wichtige Ratschläge.

© Netzwerk Gesunde Kinder Brandenburg

"Das Beste sind die Geschenke", sagt Susann Arndt. Die 23-Jährige aus dem brandenburgischen Senftenberg hat Ende 2012 ihre Tochter Hannah zur Welt gebracht. Rund vier Wochen später bekam sie Besuch von einer Patin des Netzwerks Gesunde Kinder Niederlausitz.

Die brachte einen Babyschlafsack mit. Auch Gutscheine hatte die Patin bei späteren Besuchen im Gepäck, zum Beispiel für einen Babyschwimmkurs oder für eine Kosmetik- oder Massagebehandlung für die Mutter. "Ich finde es gut, dass sie auch an die Mütter denken", sagt Susann Arndt.

Rund eine halbe Stunde dauern die Besuche der Patin bei der Familie. Insgesamt vier waren es seit Hannahs Geburt. Dabei spricht die Patin über Kindergesundheit oder sie kommt einfach mit der Familie ins Gespräch.

"Man kann sich mit ihr über alles unterhalten, was Hannah betrifft", sagt Susann Arndt. Zuletzt hat sie auf eigenen Wunsch eine andere Patin bekommen.

"Sie ist jünger und passt besser zu uns. Das ist ja nicht ganz unwichtig, denn schließlich haben wir drei Jahre miteinander zu tun", sagt die junge Mutter.

Das Niederlausitzer Netzwerk ist das älteste von insgesamt 19 Netzwerken an 31 Standorten in Brandenburg. Manche Familien haben die Patinnen in Senftenberg und Umgebung bereits mit dem dritten Kind betreut.

Ministerium wertet das Netzwerk als Erfolg

Das Netz startete dort im Jahr 2006 und gab den Anstoß zu drei Pilotprojekten der Landesregierung. Schnell bewährte sich das Konzept, und so beschloss der Brandenburger Landtag im Februar 2008, dass die Netze weiterhin gefördert und flächendeckend ausgebaut werden sollen.

Dieses Ziel ist inzwischen fast erreicht. Nur in Frankfurt/Oder und in der Prignitz fehlen die Netze noch.

Das zuständige Familienministerium wertet die Netzentwicklung als Erfolgsgeschichte. Erste Exporte meldet es auch: Unter anderem sind in Hessen, Rheinland-Pfalz und Sachsen ähnliche Netze entstanden.

Das Brandenburger Netzwerk hat inzwischen verbindliche Qualitätsstandards für alle Netze im Land eingeführt. Unter anderem wurde festgelegt, wie die Kooperationsstrukturen zwischen den Netzwerkpartnern gestaltet sein müssen.

Hebammen, Geburtskliniken, niedergelassene Gynäkologen und Kinderärzte, weitere Gesundheitsberufe, verschiedene Ämter und Beratungsstellen wirken mit. Auch ein Curriculum für die Patenschulung wurde entwickelt. Nach 43 Stunden Unterricht sollen alle Patinnen die gleiche Qualifikation haben.

Die Patinnen sind bis zum dritten Geburtstag des Kindes für die Familien da. Sie sind gewissermaßen eine Antwort auf die demografische Entwicklung. Frisch gebackene Eltern stehen heute oft ohne Rat von Verwandten da und sind im Umgang mit ihrem Baby verunsichert.

Weniger Förderbedarf für Netzwerkkinder

Die Patinnen sollen ihnen diese Unsicherheit nehmen. So entsteht eine sichere Eltern-Kind-Beziehung, die sich positiv auf die Gesundheit des Kindes auswirkt. Diese Theorie liegt der Netzwerkidee zugrunde.

Ein weiterer Ausgangspunkt war die Beobachtung, dass Vorsorgen und Impfungen zu wenig wahrgenommen wurden. Erste positive Effekte der Netzwerke hat eine Evaluation schon im Jahr 2010 gezeigt.

Damals wurden bei Reihenuntersuchungen durch den Kinder- und Jugendgesundheitsdienst der Gesundheitsämter bei rund 13.500 Kindern im Alter von 30 bis 42 Monaten Vergleiche zu den 362 Kindern gezogen, die in einem Netzwerk betreut wurden. Es zeigte sich, dass Netzwerkkinder deutlich weniger Förderbedarf hatten als der Durchschnitt.

Bei 7,8 Prozent aller Kinder stellte der Gesundheitsdienst Förderbedarf fest, aber nur bei 5,8 Prozent der Netzwerkkinder. Auch die Teilnahme an der Vorsorgeuntersuchung U7a lag bei Netzwerkkindern mit 68,8 Prozent höher als im Durchschnitt mit 56,8 Prozent.

Ein weiteres Indiz für die Wirksamkeit des Projekts fand der Jahresbericht 2012 der Netzwerke: Übliche Unterschiede zwischen dem Gesundheitszustand der Kinder aus sozial besser gestellten und benachteiligten Familien waren bei Netzwerkkindern nicht zu erkennen.

Obwohl die Netze allen Familien offenstehen, nehmen überdurchschnittlich viele sozial schwache Familien das Angebot wahr - ein Umstand, den das märkische Familienministerium begrüßt.

Netzwerk Gesunde Kinder Brandenburg

Das Netzwerk Gesunde Kinder Brandenburg deckt mit 19 regionalen Netzwerken an 31 Standorten fast das ganze Flächenland ab. Rund 1200 Patinnen und Paten sind ehrenamtlich in den Netzwerken aktiv. Sie begleiten aktuell etwa 4200 Familien. Insgesamt haben die Netze bis Herbst 2012 bereits fast 7000 Familien betreut. Damit erreichen sie in ihren Einzugsgebieten im Durchschnitt fast ein Fünftel aller Familien mit Neugeborenen.

www.netzwerk-gesunde-kinder.de

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