Lange angekündigt, nie eingeführt - die Torkamera

Nach dem grandiosen und historischen 4:1-Sieg gegen England gönnt sich die deutsche Fußball-Nationalelf einen Tag Urlaub - die Engländer lecken ihre Wunden. Und befeuern Diskussionen um den Video-Beweis im Fußball.

Veröffentlicht:
Klare Sache: Tor für England - nur die Linienrichter entschieden anders. Glück für Deutschland!

Klare Sache: Tor für England - nur die Linienrichter entschieden anders. Glück für Deutschland!

© dpa

ERASMIA (dpa). Die deutsche Mannschaft ist nach ihrem fulminanten Sieg im WM-Achtelfinale wieder in ihr Quartier zurückgekehrt und bereitet sich auf die nächste Herausforderung vor - zunächst hat das Team aber einen Tag Urlaub bekommen.

Während die Deutschen in der internationalen Presse gelobt werden, gehen die britischen Zeitungen wie gewohnt hart mit ihren Spielern ins Gericht. Attackiert werden vor allem die Spieler und Trainer Fabio Capello - nicht der schwache Schiedsrichter. "Eine jämmerlicher WM-Auftritt", schrieb "The Times". Der "Mirror" hatte eine "Schande" gesehen. "Zeit zu gehen, Fabio! Verzieh Dich, und nimm Deine Spieler mit", titelte das auflagenstärkste Boulevardblatt "Sun".

Ob Trainier Capello nun seinen Platz räumen wird, ließ der auch einen Tag nach dem Spiel weiter offen. "Ich habe mich noch nicht entschieden. Ich werde ein Gespräch mit dem Verbandspräsidenten führen, weil ich wissen will, ob er noch hinter mir steht oder nicht", sagte er bei einer Pressekonferenz.

Schon in diesen ersten Minuten nach der Partie hatten sich in Bloemfontein zwei Fronten gebildet: Die englischen Fans weinten im Stadion oder beschimpften ihr Team, die Medien forderten umgehend Capellos Kopf. Einige Spieler und der Trainer versuchten dagegen, sich mit ihrer Schiedsrichter-Kritik aus einer der schmachvollsten Stunden des englischen Fußballs zu retten.

Chip oder Torkamera? Die Diskussion ist wieder da

Und so ist eine Diskussion rund um Torkameras und einen Chip im Ball wieder entbrannt. Die Diskussion um technische Hilfsmittel schwelt schon seit vielen Jahren. Erstmals wurde der Chip im Ball im Herbst 2005 bei der U 17- WM in Peru getestet. Schon im Mai 2005 hatte FIFA-Präsident Joseph Blatter verkündet, er sei sich "hundertprozentig sicher", dass die technologische Hilfe bei der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland zum Einsatz komme.

Natürlich kam es anders. Im November 2006 sollte die Torkamera kommen. Dazu sagte Blatter: "2007 wird es möglich sein, das System einzusetzen. Das System wird funktionieren." Im Dezember 2006 werden die Torkameras in der italienischen Serie A beim Spiel zwischen Udinese Calcio und Reggina Calcio getestet. Die Torlinien werden von 20 Meter über dem Boden aufgehängten hochauflösenden Kameras überwacht. Die sogenannte Hawk-Eye-Technologie kommt 2007 auch bei den U 20- und U 17- Weltmeisterschaften in Kanada und Südkorea zum Einsatz, bei der Club- Weltmeisterschaft 2007 prüft die FIFA wieder den Chip im Ball.

Im März 2008 wird der technischen Hilfe dann ein Riegel vorgeschoben. Die Regelhüter des internationalen Fußballs entscheiden sich für zwei zusätzliche Schiedsrichter-Assistenten im Tor-Bereich, aber vorerst gegen den Chip-Ball und eine Torkamera. Alle technologischen Experimente sollen erstmal gestoppt werden. Die Torrichter kommen in der Europa-League-Saison 2009/2010 zum Einsatz.

Für die WM 2010 in Südafrika ist die Technik längst kein Thema mehr. "Wir können die WM nicht missbrauchen, um Neues auszuprobieren", stellt FIFA-Generalsekretär Jérome Valcke im Februar 2010 klar. Am 6. März kommt dann das definitive Aus für Chip und Kamera.

Der nun geschaffte Einzug ins Viertelfinale lohnt sich für die Spieler der deutschen Mannschaft und für den Deutschen Fußball Bund (DFB) auch finanziell: 50 000 Euro Urlaubsgeld haben die 23 deutschen Spieler nach dem England-Sieg sicher. Aber auch für den DFB rollt in Südafrika der Rubel. Mit zwölf Millionen Euro honoriert der Weltverband FIFA den Einzug des DFB-Teams ins Viertelfinale der Weltmeisterschaft. Bei einem weiteren Sieg am kommenden Samstag in Kapstadt gegen Argentinien würde sich die WM-Prämie auf 100 000 Euro pro Spieler verdoppeln.

Für einen Einzug ins Finale bezahlt der Verband den Spielern bereits eine Prämie von 150 000 Euro. In Naturalien wird nicht mehr bezahlt: Bei der WM 1954 nach dem "Wunder von Bern" gab es für jeden Spieler 1280 Euro plus Fernseher, Lederkoffer und Motorroller; bei der WM 1974 bereits 35 900 Euro und einen VW-Käfer.

Wie schlägt sich Superstar Messi?

Doch wer ist in der Favoritenrolle im Spiel Deutschland gegen Argentinien am kommenden Samstag?

Bei dieser WM hat Superstar Lionel Messi noch kein Tor geschossen -  trifft Messi nun gegen die Deutschen? Er jedenfalls hofft auf "Gottes Hilfe". "Hoffentlich, wenn Gott es will, gelingt es gegen Deutschland", sagt Messi.

Vor vier Jahren kam er im Viertelfinale mit dem bitteren Elfmeter-Aus für die "Gauchos" nicht mal zum Einsatz. Überhaupt war 2006 noch nicht die WM des damaligen Teenagers. 2010 versprüht er immerhin schon seinen Glanz, anders als vielgepriesene Spieler wie Wayne Rooney oder Kaká.

Dafür trafen seine Mitspieler: Publikumsliebling Carlos Tevez war gegen die Mexikaner mit seinem ersten WM-Doppelpack zur Stelle. "Dieses Spiel habe ich gebraucht", betonte "El Apache" und unterstrich seinen "Hunger nach Ruhm".

Ein weiteres Tor ging auf das Konto von Gonzalo Higuain, der mit nun vier Treffern die Torschützenliste bei der WM anführt. "Das macht mich sehr glücklich, aber wichtiger ist der Erfolg der Mannschaft", sagte der in Frankreich geborene Stürmer. Mal sehen, wann auch Messi ein Tor auf dem Hut zaubert. Atençion Alemania!

Weitere Berichte zur FIFA WM 2010 und Informationen zum WM-Tippspiel finden Sie auf unserer Sonderseite

Lesen Sie dazu auch: WM-Splitter

Schlagworte:
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Neue Hoffnung für Patienten mit Glioblastom: In zwei Pilotstudien mit zwei unterschiedlichen CAR-T-Zelltherapien blieb die Erkrankung bei einigen Patienten über mehrere Monate hinweg stabil. (Symbolbild)

© Richman Photo / stock.adobe.com

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom