Nationalmannschaft

Löw bleibt Bundestrainer

Joachim Löw gibt dem DFB das erhoffte Ja-Wort. Der Langzeit-Bundestrainer traut sich den Neubeginn nach dem von ihm verantworteten WM-Fiasko zu. Jetzt müssen andere zittern – im Team hinter dem Team und vor allem auf Spielerseite.

Von Klaus Bergmann und Jens Mende und Christian Kunz Veröffentlicht:
Lässt sich nach dem Ausscheiden der Nationalmannschaft in Russland nicht entmutigen und will weitermachen: Bundestrainer Jogi Löw.

Lässt sich nach dem Ausscheiden der Nationalmannschaft in Russland nicht entmutigen und will weitermachen: Bundestrainer Jogi Löw.

© picture alliance / ULMER

Joachim Löw will seinen Traumjob weiter ausüben, auch wenn er den Neubeginn nach dem historischen Vorrunden-Aus in Russland mit einem schweren WM-Rucksack angehen muss.

Nach einigen Tagen Bedenkzeit im Anschluss an den Tiefpunkt der Nationalmannschaft beim blamablen 0:2 gegen Südkorea übermittelte der Bundestrainer dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) seine Entscheidung zum Weitermachen.

Nach dpa-Informationen tat Löw dies bereits am Montagabend. "Sport Bild" und "Bild" verbreiteten die Nachricht von Löws Entscheidung am Dienstag als erste Medien.

Keine Überraschung

Eine offizielle Bestätigung des DFB blieb zunächst aus, folgte aber dann am Nachmittag. Das lag daran, dass zur Mittagszeit zunächst der DFB-Präsidialausschuss um Präsident Reinhard Grindel, Vizepräsident Rainer Koch und Generalsekretär Friedrich Curtius bei einer Sitzung mit Teammanager Oliver Bierhoff und Löw konferieren wollte.

In der Sitzung sollten Bierhoff und Löw dem DFB "eine erste Analyse" für das WM-Desaster vorlegen.

Aus der Bundesliga reagierte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke als erster Spitzenvertreter. "Jeder, der die Szene seit vielen Jahren kennt, konnte daran riechen, dass es genau so kommen wird. Das war für mich keine Sensation." Vorher hatte es aus der Liga keine Rücktrittsforderungen an Löw gegeben.

Löw will nach dem ersten Turnier-Fiasko seiner Amtszeit auch die Wende herbeiführen. Er traut sich den schwierigen Neubeginn zu. Nur direkt nach dem krachenden WM-Aus schien Löw ernsthafte Zweifel zu haben. Er müsse sich erstmal "sammeln". Er erbat sich Bedenkzeit.

Löw will wagen, was bei Berti Vogts vor 20 Jahren schiefging. Nach dem Viertelfinal-Aus bei der Weltmeisterschaft in Frankreich machte der Europameister von 1996 zunächst weiter. Das hinausgeschobene Vogts-Ende kam aber schon Anfang September nach einem enttäuschenden 2:1 gegen Malta und einem 1:1 gegen Rumänien.

Auch Löws Neustart erfolgt im September. Am 6. September empfängt der gestürzte Weltmeister in München Frankreich im Rahmen der neuen Nations League. Drei Tage später ist Peru in Sinsheim Testspielgegner. "Es braucht klare Veränderungen", sagte Löw. Grundsätzliche Zweifel an sich und seinem Kurs äußerte er nie: "Wir haben jetzt 14 Jahre den Weg nach oben gemacht. Wir haben, glaube ich, die konstanteste Mannschaft gehabt in den letzten zehn Jahren."

Das Jogi-Wunderland

Während seiner Bedenkzeit in Freiburg konnte Löw wohlwollend vernehmen, dass nur wenige in Deutschland ihn aus seinem Paradies Nationalmannschaft vertreiben möchten. Vor allem die nicht, die es könnten: die Verantwortlichen im DFB um Präsident Grindel und Manager Bierhoff, mit dem Löw seit 2004 zusammenarbeitet. Wie auch?

Es genügt eine Rückblende auf den 15. Mai 2018. Grindel nutzte die Bühne der WM-Kadernominierung zur vorzeitigen Vertragsverlängerung mit der gesamten Sportlichen Leitung und zu einer Ode auf Löw.

"Wir möchten lange Linien ziehen. Insbesondere, wenn man einen so herausragenden Bundestrainer hat, der mit seiner Ausstrahlung ein glaubwürdiges Gesicht des deutschen Fußballs ist, nicht nur in unserem Land, sondern mittlerweile weltweit", schwärmte Grindel damals im Dortmunder Fußballmuseum. "DFB und Nationalmannschaft sind so eng beisammen wie nie", fügte der Präsident noch hinzu.

Löw liebt seinen Job. Er hat sich in ihm eingerichtet. Er hat die Nationalmannschaft und ihr Umfeld ganz nach seinen Vorstellungen ausgerichtet. Sie war – bis zum kompletten Systemausfall in Russland – sein Jogi-Wunderland.

 Von der Außenwelt hat sich der gefeierte und bewunderte Fußballlehrer Löw im Ruhm des WM-Triumphes von 2014 in Brasilien weitgehend abgekoppelt. "Früher habe ich mehr wahrgenommen, was aus der Öffentlichkeit kam. Inzwischen mache ich mich frei davon", sagte er vor zwei Jahren in einem dpa-Interview.

Ein einfaches Weiter-so will der DFB aber nicht zulassen. Denkbar sind Veränderungen im Trainerstab, auch im Team hinter dem Team.

Ein Umbruch muss beim Spielerkader erfolgen. Löw wird personell neue Reize setzen müssen, sich für einen überzeugenden Aufbruch auch von einigen verdienten Weltmeistern trennen müssen.

Bei der Vertragsverlängerung hatte er den Schnitt angedeutet, den er nach dem Confed-Cup-Gewinn 2017 mit einem jungen Perspektivteam um Draxler, Werner, Goretzka oder Kimmich nicht konsequent ziehen wollte.

"Wir haben einige Spieler, die 30 und etwas älter sind, die schon lange dabei sind. Es kann durchaus sein, dass es nach der WM Veränderungen gibt", sagte Löw und skizzierte ein Bild der Zukunft: "Eine Mannschaft in einem Zeitraum von vier Jahren von einer WM zur nächsten mit vielen jungen Spielern vorzubereiten, das macht mir unheimlich Spaß. Deswegen habe ich mit Freude verlängert." (dpa)

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