Oase der Ruhe: Schneeschuhwanderung nach Namlos

Hochbetrieb in den Wintersportorten: Gute Schnee verhältnisse locken viele Skifahrer auf die Pisten - Jubel, Trubel, Heiterkeit inklusive. Eine Auszeit bei einer Wanderung durch den Tiefschnee ist da genau das Richtige.

Von Rebecca Beerheide Veröffentlicht:
Schneeschuhwanderung durch das Namlostal: Im Tiefschnee auf rund 1200 Meter Höhe lässt sich die Ruhe des Winters genießen. Mit den Schneeschuhen entsteht ein völlig neues Laufgefühl.

Schneeschuhwanderung durch das Namlostal: Im Tiefschnee auf rund 1200 Meter Höhe lässt sich die Ruhe des Winters genießen. Mit den Schneeschuhen entsteht ein völlig neues Laufgefühl.

© Beerheide

Überfüllte Pisten, Après Ski, DJ Ötzi oder Hits wie "So ein schöner Tag" auf der Hütte: Wer dem Trubel auf den ausgewalzten Pfaden des Ski-Tourismus ausweichen will und lieber den Kontakt mit der Natur abseits der Touristenpfade sucht, muss in den Alpenregionen ein gutes Auge haben.

Ein paar Stunden Ruhe vor Urlaubshektik auf rund 1000 Meter Höhe? Auf zur Wanderung durch den Tiefschnee mit Schneeschuhen!

Die Tour in der Tiroler "Zugspitz Arena" - so haben sich werbewirksam acht Orte auf der österreichischen Seite des Wettersteinmassivs an der Zugspitze zusammen geschlossen - startet bei den zehn Häusern, die gemeinsam das Dorf Kelmen bilden. Hier leben 36 Menschen auf uralten Höfen, die von Generation zu Generation vererbt werden.

Schneeschuhe und Stöcke - Schlurfen, Gleiten und Stapfen

Die Schneeschuhe sind schnell unter die eigenen Winterboots geschnallt, bei den ersten Schritten tastet sich der Anfänger vorwärts. Mit Hilfe von Stöcken, die ans Nordic Walking erinnern, setzt er zaghaft die ersten Schritte durch den unberührten Schnee, zu gewöhnungsbedürftig ist das neue Laufgefühl.

Die Bewegung vorwärts ist irgendetwas zwischen Schlurfen, Gleiten und Stapfen. Der Schritt wird schwer, wenn der Wanderer selbst eigene Bahnen in den Neuschnee schiebt, es wird deutlich leichter, folgt man einer schon plattgewalzten Schneespur.

Das offene Schneefeld, eingerahmt von Felsmassiven, ist im Sommer eine grüne Wiese. Die Weiden, die von immer weniger örtlichen Bauern bewirtschaftet werden, sind meterhoch mit Schnee bedeckt - einen Meter achtzig misst der Wanderführer an einer Stelle.

Gleitschneelawinen aus nassem Schnee

An den Hängen haben sich waagerechte, tiefe Risse gebildet, für Einheimische ein deutliches Zeichen, dass hier die Lawinengefahr steigt. Die Bergwacht hat für diesen Tag die Stufe zwei ausgerufen, an Hängen mit mehr als 40 Prozent Steigung ist die Gefahr besonders groß.

Gerd Amann erklärt die Schneeschichten.

Gerd Amann erklärt die Schneeschichten.

© Beerheide

Sorgen müsse man nicht haben, versichert der Bergführer: Diese Gleitschneelawinen, die sich aus dem nassen Schnee gebildet haben, gehen langsam ab, sind nicht so rasant und damit so gefährlich wie Trockenschneelawinen.

Da in diesem Gebiet im Sommer nicht mehr geheut wird - weil es sich nicht mehr rechnet oder dem Nachwuchs auf den Höfen das Interesse fehlt - erhöht sich die Lawinengefahr noch mal deutlich: Würde regelmäßig geheut werden, würde das Gras ähnlich wie bei Bartstoppeln einen Stopper für den Schnee bilden.

Die Feuchtigkeit und der Schneefall könnten besser festgehalten werden - die Gefahr von Lawinen sinkt. Da in dieser Wintersaison erst Mitte Dezember Schnee fiel und der Boden bei den ersten Flocken nicht gefroren war, hat sich nun an den steilen Hängen Schwimmschnee gebildet, erklärt der Führer.

Die Schnee- und Lawinenkunde gehört dazu, wenn man eine Führung bei Gerd Amann gebucht hat.

Auf den Spuren des Yeti?

An einer Baumgruppe ziehen sich nicht nur die Spuren der Wanderer durch den Schnee, auch Fährten von Füchsen, Hasen und Eichhörnchen sind zu entdecken. Alle Tiere suchen Nahrung, das Eichhörnchen mag auf den Bäumen etwas finden, der Fuchs rückt immer näher an die Wohngegenden ran, um Essbares aus den Mülltonnen zu fischen.

Gefragt nach Spuren eines Yetis muss der Wanderführer passen - er lacht bei der Frage, wobei er zugibt, dass der Panoramablick hier im Tal an Hollywood-Filme mit dem geheimnisvollen Hochgebirgstier erinnert.

Vorbei an vielen Hängen, die sich inzwischen zu Lawinensturzbahnen entwickelt haben, da der Wald als natürliches Lawinengatter nicht mehr seine Funktion ausfüllt, geht es immer tiefer in die Schlucht. Der Weg ist gesäumt von Holzhütten, in denen Bauern ihre Geräte zum Heuen lagern.

Inzwischen ist es Lauffreude pur, die Plastikuntersätze durch den Schnee zu schieben. Einige Wanderer stopfen ihre Fließjacken in die Rucksäcke, andere trinken einen Schluck - nicht immer ist es Wasser. Hier herrscht absolute Ruhe, kein "Hey-Baby, uuh, aah"-Ruf weit und breit.

Gasthöfe mit eigener Forellenzucht

Nach drei Kilometern durch das Tal taucht der runde Kirchturm des Dörfchens Namlos auf. Die Wandergruppe rastet in einem Gasthof, der schon vor der Tür mit seinen Pfründen wuchert: Forellen schwimmen in einem Aquarium, drinnen gibt es sie wunderbar auf dem Teller zubereitet.

Im Gasthof sind die Decken niedrig, und können von 400 Jahren in dem kleinen Ort erzählen - zum Beispiel wie ist, wenn das Dorf von Lawinen bedroht ist, und jeder in seinem Haus bleiben muss. "Wenn bei Lawinengefahr jeder dem anderen helfen muss, dann sprechen nach kürzester Zeit die ärgsten Feinde wieder mitein ander", erzählt Bürgermeister Walter Zobl.

Der Gasthof ist der Dreh- und Angelpunkt in Namlos, in dem die 50 Bewohner rund 100 Gästebetten für Ruhesuchende anbieten. Hier gibt es Klatsch und Tratsch, es wird gefeiert, wenn die Ski-Rennfahrerin Niki Hosp auf die vorderen Plätze im Weltcup kommt.

Bürgermeister Zobl ist der Vorsitzende ihres Fanclubs - Ehrensache, schließlich war sein Sohn lange mit ihr in einer Trainingsgruppe. Gelegentlich mischen sich die Besitzer von Wochenendhäuschen unter die Wirtshausbesucher. Im Sommer kommen beim Wirtshaus die Motorradfahrer vorbei. Mit der schweren Maschine durch das enge Tal zu brausen - ein Biker-Traum.

Die Beine beherrschen die Schritte in den Schneeschuhen nun sehr gut, die drei Kilometer zurück durch die Schlucht sind ein Klacks. Wie zauberhaft dieser Tag im Tiefschnee war, merkt der Wanderer spätestens, wenn die ersten Klänge von "Heut ist so ein schöner Tag, lalalala" in die Ohren dringen. Morgen werden die Schneeschuhe wieder angeschnallt!

Die Zugspitzarena im Internet: www.zugspitzarena.com

Wie funktionieren Schneeschuhe?

Oase der Ruhe: Schneeschuhwanderung nach Namlos

© Beerheide

Die "Schuhe" sind eine kürzere, aber breitere Variante von Langlaufskiern, die als Schuhuntersatz unter die eigenen, warmen und möglichst wasserdichten Winterboots geschnallt werden.

In einer Halterung werden die Schuhe mit Plastikriemen festgezurrt, sodass der Fuß am Ballen fest in der Bindung sitzt.

Die Bindung zur Ferse hin ist offen. Im vorderen Bereich der Schuhe sind Metallspitzen für den besseren Halt bei steilen Strecken.

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