Ausgegrenzt und gemobbt- ein Grund fürs Schulschwänzen?

Etwa zehn Prozent der Schüler fehlen zwei Mal pro Monat unentschuldigt. Eine EU-Studie will nun herausfinden, warum Schüler häufig nicht zum Unterricht gehen.

Von Ingeborg Bördlein Veröffentlicht:
Mobbing unter Mitschülern sorgt für Verunsicherung: Eine Studie soll herausfinden, warum Jugendliche nicht zum Unterricht gehen.

Mobbing unter Mitschülern sorgt für Verunsicherung: Eine Studie soll herausfinden, warum Jugendliche nicht zum Unterricht gehen.

© emil umdorf / imago

HEIDELBERG. Wenn Schüler regelmäßig die Schule schwänzen, stecken dahinter oft psychische Probleme wie Ängste, Depressionen, Aufmerksamkeitsstörungen oder psychosomatische Beschwerden. Auch Mobbing, Überforderung oder häusliche Probleme werden mit häufigem Schulschwänzen in Zusammenhang gebracht.

Nach Schätzungen bleiben bis zu zehn Prozent der Pennäler öfter als zweimal monatlich unentschuldigt dem Unterricht fern.

Prävention ist geboten, denn nicht erkannt und unbehandelt, könne sich notorisches Schuleschwänzen auf psychischer wie sozialer Ebene nachteilig bis ins Erwachsenenleben auswirken, erklärte der Heidelberger Kinder- und Jugendpsychiater Professor Franz Resch kürzlich bei der Vorstellung einer europaweiten Studie zum Problem der Schulfehlzeiten und der Wirksamkeit möglicher Präventionsprogramme, die demnächst anläuft.

Warum und wie häufig Schüler fehlen, darüber gibt es bislang nur wenig harte Daten, sagte Professor Romuald Brunner von der Heidelberger Kinder- und Jugendpsychiatrie, der die Studie leitet. Darüber soll die Studie WE-STAY ( Working in Europe to Stop Truancy Amoung Youth) Aufschluss geben.

9600 Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren aus allen Schultypen in sechs europäischen Ländern nehmen an der Studie teil, darunter auch 1600 Pennäler aus dem Rhein-Neckar-Kreis. Nach einer Eingangsuntersuchung und ausführlichen Befragung werden die Schüler nach dem Zufallsprinzip vier Präventionsprogrammen zugeteilt. Auch Eltern und Lehrer werden einbezogen. Die Programme laufen jeweils über acht Wochen.

Durchgeführt werden:

  • eine Minimalintervention, das heißt eine ausschließliche Kontrolle der Schulfehlzeiten und Rückmeldung an die Schüler..
  • Eine Schulfehlzeitenkontrolle plus professionelle Beratung. Risikoschüler sollen durch Fragen zu ihren Schulfehlzeiten und zu Verhaltens- und emotionalen Auffälligkeiten ermittelt werden, kinder- und jugendpsychiatrisch untersucht und ihnen bei Bedarf eine Therapie angeboten werden.
  • Die Schüler werden von Studienmitarbeitern in der Schule in einem Schülertraining intensiv über Schulvermeidung und deren Ursachen aufgeklärt.
  • Im Kombinationsarm werden zusätzlich zur Kontrolle der Schulfehlzeiten in den ersten vier Wochen eine professionelle kinder- und jugendpsychiatrische Beratung sowie in den zweiten vier Wochen ein Schülertraining in Schulen durchgeführt.

Dem Studienarzt Dr. Christoph Lenzen von der Heidelberger Kinder- und Jugendpsychiatrie zufolge gibt es in Deutschland bislang wenige Programme mit präventivem Ansatz. Meist werde Schulvermeidung bestraft - etwa durch Bußgeld oder polizeiliche Intervention.

Außerdem existiere keine Vernetzung zwischen Schulen, Behörden, Ärzten und Kliniken. Eine wirksame Prävention müsse dem Schüler auf verschiedenen Ebenen Hilfen für seine psychischen und/oder sozialen Probleme anbieten, so Lenzen.

In die Studie sind im Rhein-Neckar-Raum neben die Ambulanz der Heidelberger Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, niedergelassene Ärzte und Therapeuten, Psychologische Beratungsstellen sowie Vereine und Jugendgruppen eingebunden.

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