Sex-Aufklärung: Nichts geht ohne Lehrer

Für Sexualaufklärung sind in Deutschland häufig immer noch Lehrer zuständig. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung reagiert darauf mit einer Schriftenreihe zum Einsatz im Unterricht.

Veröffentlicht:
Sexualkundeunterricht mit Anschauungsmaterial

Sexualkundeunterricht mit Anschauungsmaterial

© Julian Stratenschulte / dpa

Neben den Eltern sind Lehrer für Jugendliche wichtige Ansprechpartner in Sachen Sexualität.

Laut der Studie "Jugendsexualität 2010" der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) geben mindestens drei Viertel der befragten Mädchen und Jungen an, dass ihre Kenntnisse über Sexualität, Fortpflanzung und Verhütung aus dem Schulunterricht stammen - keine andere Quelle wird häufiger genannt.

Vor diesem Hintergrund hat die BZgA in Zusammenarbeit mit den Kultusministerien der Länder jetzt die neue Schriftenreihe "aufgeklärt, selbstbestimmt und fair" zur Sexualaufklärung in der Schule entwickelt.

Konzept für Unterrichtsmaterialien

"Unsere Studienergebnisse belegen die große Bedeutung einer ansprechenden und fundierten Sexualaufklärung in der Schule. Ich freue mich, dass es mit der neuen Schriftenreihe gelungen ist, ein mit allen Kultusministerien der Länder abgestimmtes und einheitliches Konzept für Unterrichtsmaterialien zu entwickeln", erklärt BZgA-Direktorin Professor Dr. Elisabeth Pott.

"Die Reihe "aufgeklärt, selbstbestimmt und fair" ist eine wichtige Ergänzung der Informationsangebote der BZgA zu den Themen Liebe, Sexualität und Verhütung."

Seit 1980 untersucht die BZgA regelmäßig Einstellungen und Verhaltensweisen 14- bis 17-jähriger Jugendlicher zu Aufklärung, Sexualität und Verhütung. Keine andere Studie in Deutschland zu diesem Thema kann auf einen so langen Vergleichszeitraum zurückblicken.

Für die zuletzt veröffentlichte Studie "Jugendsexualität 2010", die bei ihrer Veröffentlichung mit interessanten neuen Fakten aufwartete, wurden insgesamt 3542 Jugendliche befragt, darunter 1014 Mädchen und Jungen mit Migrationshintergrund.

Verglichen mit der letzten Repräsentativerhebung aus dem Jahr 2005, sind deutsche Mädchen und Jungen seltener früh sexuell aktiv. Bei den 14-jährigen Mädchen sank der Anteil derer mit Geschlechtsverkehrerfahrung deutlich von zwölf auf sieben Prozent, bei den gleichaltrigen Jungen sogar von zehn auf vier Prozent.

Bei den 17-jährigen Mädchen reduzierte sich der Anteil von 73 auf 66 Prozent, bei den gleichaltrigen Jungen blieb er mit 65 Prozent nahezu konstant.

Dies bedeutet zugleich, dass bis zu einem Alter von 17 Jahren mehr als ein Drittel der jungen Frauen und Männer noch keinen Geschlechtsverkehr gehabt haben.

"Annahmen, wonach immer mehr junge Menschen immer früher sexuell aktiv werden, bestätigen sich nicht", erklärte Professor Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

"Die Erhebung zeigt, dass seit Mitte der neunziger Jahre die sexuelle Aktivität Jugendlicher fast unverändert und jetzt sogar rückläufig ist."

In der Regel erleben deutsche Jugendliche ihr "erstes Mal" in einer festen Beziehung. Darüber hinaus ist die Hälfte der sexuell aktiven Mädchen zwischen 14 und 17 Jahren bislang eine Partnerbeziehung eingegangen. Für deutsche Jungen trifft das auf 40 Prozent zu.

Jungen aus Migrantenfamilien sind früher und damit insgesamt häufiger sexuell aktiv als deutsche Jungen. Mädchen mit Migrationshintergrund sind deutlich zurückhaltender. Als Grund geben sie an, für Sex noch zu jung zu sein.

Vor allem bei jungen Frauen muslimischen Glaubens, insbesondere bei türkischen Mädchen, sind nur wenige sexuell aktiv. Die Mehrheit von ihnen findet einen engen Kontakt zum anderen Geschlecht vor der Ehe nicht richtig.

Erfahrungen mit sexueller Gewalt

Erfahrungen mit sexueller Gewalt sind Jugendlichen nicht unbekannt. So berichten 13 Prozent der deutschen Mädchen und 19 Prozent der Mädchen mit Migrationshintergrund über Situationen, in denen sie sich gegen unerwünschte sexuelle Übergriffe oder Gewalt zur Wehr setzen mussten. Jungen sind davon deutlich seltener betroffen. Davon berichten ein Prozent der deutschen und drei Prozent der Jungen mit Migrationshintergrund.

69 Prozent der deutschen Mädchen und 58 Prozent der deutschen Jungen sprechen heute mit ihren Eltern über das Thema Verhütung. Dennoch gibt es keinen Zweifel, dass die Schule bei der Sexualaufklärung immer noch eine fundamentale Rolle spielt. Insbesondere bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund spielen Lehrer eine wichtige Rolle. (eb)

www.forschung.sexualaufklaerung.de

Schlagworte:
Mehr zum Thema

Leitartikel

Expertenrat? Ein eingeengter Blick

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“