Weltmeistertitel

Der Siegeszug des Rollstuhl-Basketballs

Diese Sportart ist athletisch und spektakulär: Rollstuhlbasketball gewinnt auch in Deutschland immer mehr Anhänger. In Hamburg kämpfen Frauen und Männer gerade um den Weltmeistertitel.

Christoph FuhrVon Christoph Fuhr Veröffentlicht:
Gemeinsam stark: Die deutschen Frauen spielen ein gutes Turnier.

Gemeinsam stark: Die deutschen Frauen spielen ein gutes Turnier.

© MSSP-Michael Schwartz Sportphotografie

HAMBURG. Reifen quietschen, Rollstühle krachen voller Wucht aufeinander, Männer und Frauen liefern sich spektakuläre Luftkämpfe. Der Ball muss in den Korb, und der hängt in drei Metern Höhe – ein schweißtreibendes Geschäft.

Die besten Rollstuhlbasketballer aus allen Kontinenten kämpfen noch bis Sonntag in Hamburg um den Weltmeistertitel. 28 Teams sind angetreten, 16 Männer- und 12-Frauen-Mannschaften liefern sich seit Tagen packende Spiele. Nach den Paralympics ist diese WM die zweitgrößte Veranstaltung im Behindertensport weltweit.

In Deutschland rückte die Sportart ins Rampenlicht, nachdem die Frauennationalmannschaft bei den Paralympischen Spielen in London die Goldmedaille gewann und diesen Erfolg vier Jahre später in Rio mit der Silbermedaille bestätigte.

Nur bei der WM getrennte Teams

Rollstuhlbasketball gilt als besonders für Inklusion geeigneter Sport, weil ihn Menschen mit unterschiedlichsten Behinderungen gemeinsam mit Teammitgliedern spielen, die völlig ohne Behinderung sind.

Auch geschlechtsspezische Trennung gibt es nicht. Männer und Frauen treten in der Regel zusammen in einem Team an – das gilt zumindest im nationalen deutschen Ligabetrieb. Bei der WM allerdings ist dieses Prinzip aufgehoben, sodass zwei Titel vergeben werden.

"Inklusion passiert bei uns einfach, da redet keiner drüber",sagt Jan Haller, Kapitän der deutschen Männer-Nationalmannschaft. Jedem Spieler wird nach dem Grad seiner persönlichen körperlichen Einschränkung eine Punktzahl zugeordnet. Für eine geringe Einschränkung ist die Punktzahl hoch.

Bei einem größeren Handicap ist das Prinzip umgekehrt. Die am schwersten eingeschränkten Spieler (Einstufung: ein Punkt) können ihre Beine nicht bewegen und den Rumpf nicht stabilisieren. Zusammengerechnet dürfen die fünf Spieler eines Teams maximal 14 Punkte aufs Spielfeld bringen. Für den Trainer ist das ein permanentes Rechenspiel.

Wenn eine 2-Punkte-Spielerin gegen eine 2,5er-Spielerin ausgewechselt wird, könnte womöglich der Gesamtwert von 14 Punkten überschritten werden, sodass ein weiterer Wechsel nötig wäre. "Als Coach muss ich aufpassen, dass ich keine Rechenfehler mache, sonst gibt es ein technisches Foul", erläutert der deutsche Nationaltrainer Martin Otto.

Körbe und das Spielfeld haben beim Rollstuhlbasketball die gleichen Dimensionen wie beim klassischen Basketball. Gespielt wird 4 x 10 Minuten auf einen in 3,05 m Höhe hängenden Korb.

Deutsche Frauen stark

Die deutschen Frauen sind den Männern ein gutes Stück voraus, was die Erfolge betrifft. Für die deutsche Frauennationalmannschaft könnte es in Hamburg nicht besser laufen. Nach vier gewonnenen Partien gegen Algerien (87:24), Argentinien (64:16), Frankreich (58:33) und die USA (70:56) sicherten sich die Damen den Gruppensieg und zogen somit ungeschlagen ins Viertelfinale der WM gegen Spanien ein.

Am Donnerstag haben sie ihre Erfolgsserie fortgesetzt. Spanien wurde in der Runde der letzten Acht mit 59:33 klar besiegt. Jetzt wartet im Halbfinale am Freitag Großbritannien. Die deutschen Herren allerdings schieden schon im Achtelfinale der Heim-WM aus. Nach einer späten Aufholjagd gegen den Vize-Europameister aus Großbritannien verloren die Deutschen mit 54:62.

Der Rollstuhl-Basketballgehört innerhalb des Para-Sports zu den Kernsportarten – in Deutschland und den Vereinigten Staaten zum Beispiel gibt es Profiligen.

Mit harten Bandagen

Unterdessen zeigt sich, dass bei diesem Turnier mit zum Teil indiskutablen Methoden Druck ausgeübt wird. Ein Facebook-Video zeigt, wie ein chinesischer Trainer während einer Ansprache ans Team zunächst auf eine Spielerin deutet und ihr dann eine Art Ohrfeige gibt.

Das Internationale Paralympische Komitee (IPC) hat daraufhin in einer Mitteilung an den Weltverband im Rollstuhlbasketball (IWBF) eine härtere Strafe gefordert als die Ein-Spiel-Sperre, die das IWBF-Regelwerk vorsieht und die der Trainer bereits verbüßt hat.

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