Russland

Xenon-Gas - das neue Dopingmittel?

Lassen sich russische Sportler ein Edelgas verabreichen, um leistungsfähiger zu sein? Darauf gibt es jetzt deutliche Hinweise. Das Problem: Das Gas steht nicht auf der WADA-Liste. Und der Chef des russischen Forschungszentrums will darin kein Doping sehen.

Veröffentlicht:
Leutturm mit Xenon-Lampen: Ist russischen Sportlern ein Licht aufgegangen?

Leutturm mit Xenon-Lampen: Ist russischen Sportlern ein Licht aufgegangen?

© Carsten Rehder / dpa

FRANKFURT/MAIN. Der WDR hat über eine bislang unbekannte Dopingmethode berichtet, die im russischen Leistungssport offenbar breitflächig angewendet werde: Dabei bekommen Athleten das Edelgas Xenon verabreicht, das die EPO-Konzentration im Blut steigert.

In der Sendung "sport inside" präsentierten Journalisten ein Dokument der staatlichen Forschungseinrichtung "Atom-Med-Zentrum", in dem es heißt, dass Xenon "nicht auf der Verbotsliste" stehe und auch "nicht von der WADA (der Welt-Anti-Doping-Agentur, die Redaktion) beobachtet" werde.

Xenon ist ein seltenes Element, wird aber vielfach eingesetzt, beispielsweise als Inhalationsanästhetikum und als Füllgas von Gasentladungslampen in Autoscheinwerfern (Xenonlicht).

Die leistungssteigernde Wirkung von Xenon entdeckten deutsche und britische Forscher in Tierversuchen. Durch seine Gabe werde "ein Protein im Körper hochreguliert, das wiederum die Neubildung von unterschiedlichen Proteinen wie zum Beispiel auch Epo anregt, so dass deren Konzentration im Körper steigt", erklärte Dr. Andreas Goetzenich von der RWTH in Aachen.

Das Dopingpotenzial dieser Methode sei enorm, ergänzte Professor Mario Thevis vom Institut für Biochemie der Sporthochschule in Köln. "Innerhalb von 24 Stunden war die EPO-Produktion um den Faktor 1,6 auf 160 Prozent gesteigert worden", so Thevis.

WADA sieht Handlungsbedarf

Es sei sehr wahrscheinlich, dass Xenon beim Menschen die gleiche Wirkung erziele. Zudem, so geht aus den Unterlagen hervor, steige durch Inhalation des Gases auch die Testosteron-Konzentration im Körper an.

Offenbar wird die Methode im russischen Sport in vielen Sportarten angewendet. In dem Dokument des "Atom-Med-Zentrums" werden ausdrücklich die Disziplinen Biathlon, Skilanglauf, Eisschnelllauf, Short-Track, Eishockey, Basketball, Volleyball und sogar Fußball genannt.

Weiter heißt es darin, dass bei den Olympischen Sommerspielen 2004 in Athen sowie bei den Winterspielen 2006 in Turin über 70 Prozent der russischen Medaillengewinner mit Xenon-Gas beatmet worden seien und man den Einsatz der Methode auch für Sotschi empfehle.

In einem Interview mit dem WDR bestritt der Generaldirektor des "Atom-Med-Zentrums", dass die Verabreichung von Xenon Doping sei. "Doping ist es doch dann, wenn Spuren von biochemischen Reaktionen bleiben. Wenn das nicht so ist - wie kann es dann ein Dopingmittel sein?"

Dagegen sieht der Gründungspräsident der WADA, der Kanadier Richard Pound, in der Verabreichung von Xenon aus nicht-therapeutischen Zwecken einen klaren Dopingverstoß, auch wenn das Gas nicht auf der Verbotsliste stehe.

WADA-Präsident Craig Reedie räumte dringenden Handlungsbedarf ein: "Bereits bei ihrer nächsten Sitzung wird unsere Kommission das Thema Gas-Inhalation behandeln." (Smi)

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Immer ein Schritt zu spät

Schlagworte:
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Ambulantisierung

90 zusätzliche OPS-Codes für Hybrid-DRG vereinbart

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“

Interview

Diakonie-Präsident Schuch: Ohne Pflege zu Hause kollabiert das System

Lesetipps
Der Patient wird auf eine C287Y-Mutation im HFE-Gen untersucht. Das Ergebnis, eine homozygote Mutation, bestätigt die Verdachtsdiagnose: Der Patient leidet an einer Hämochromatose.

© hh5800 / Getty Images / iStock

Häufige Erbkrankheit übersehen

Bei dieser „rheumatoiden Arthritis“ mussten DMARD versagen