WM der Elfmeter

Bringt der Videobeweis mehr Gerechtigkeit?

Deutschland ist raus, die WM geht weiter. Und der Videobeweis bleibt für viele Mannschaften ein Dauerärgernis.

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Das Signal von Schiedsricher Andreas Cunha aus Uruguay ist eindeutig (unten). Im FIFA-Kontrollraum für Videobeweise in Moskau wird reagiert.

Das Signal von Schiedsricher Andreas Cunha aus Uruguay ist eindeutig (unten). Im FIFA-Kontrollraum für Videobeweise in Moskau wird reagiert.

© picture alliance/dpa

Kurz vor Beginn der heißen Turnierphase steht der Videobeweis nun auch bei der Fußball-WM voll im Brennpunkt der Diskussionen. Irans Trainer Carlos Queiroz redete sich in seinem Ärger über die neue Technik beim unglücklichen Aus gegen Portugal richtig in Rage.

"Es wurden Zehntausende Dollar ausgegeben, da sitzen fünf Leute zusammen und sehen den Ellbogenschlag nicht", schimpfte der Coach nach dem 1:1 und klagte über eine Bevorzugung der Superstars im Fußball. "Es ist nicht wichtig, ob es Ronaldo war oder Messi – es steht in den Regeln!"

Der insgesamt völlig überforderte Schiedsrichter Enrique Caceres schaute sich am Montagabend das Vergehen Ronaldos auf Intervention der Video-Assistenten selbst noch einmal an – entschied aber überraschenderweise auf Gelb statt Rot.

Dreimal machte sich der Paraguayer während der Partie auf den Weg an die Seitenlinie. "Eine Videobeweisorgie", witzelte ZDF-Experte Oliver Kahn.

WM der Elfmeter

Und auch der türkische Spitzen-Schiedsrichter Cuneyt Cakir sorgte beim argentinischen Weiterkommen gegen Nigeria (2:1) für Erstaunen.

Der Strafstoß für die Afrikaner nach Halten von Javier Mascherano war durchaus zu vertreten. Dem Team von Gernot Rohr trotz Studium der Videobilder nach klarem Handspiel von Marcos Rojo einen zweiten Elfmeter zu verwehren, überraschte jedoch.

Eigentlich schien der Einsatz des Videobeweises bei dieser WM zum Lehrstück für die Bundesliga zu werden, wie es richtig geht. Weniger Überprüfungen, Korrektur nur von klaren Fehlentscheidungen, eine einheitliche Linie.

Offiziell gilt als Videobeweis, wenn der Schiedsrichter auf dem Feld mit seinen Händen einen Kasten in die Luft zeichnet. Dazu kommen zahlreiche stumme Checks – das heißt die Video-Assistenten sind in Kontakt zum Hauptschiedsrichter, ohne dass dies der Zuschauer bemerkt.

Dazu wird beispielsweise jedes Tor auf Abseits überprüft. Doch je hitziger die Spiele werden und je mehr Referees zum Einsatz kommen, die nur wenig Erfahrung mit der Technik haben, desto mehr Probleme gibt es.

"Man ist gut ins Turnier gestartet, aber jetzt gab es doch einige Holperer – wichtige Szenen, in denen der Videobeweis nicht eingesetzt wurde", kritisierte der Schweizer Ex-Referee Urs Meier. "Es ist willkürlich geworden."

Ganz anders sieht es Bundestrainer Joachim Löw. "Ich bin ein Freund und Befürworter des Videobeweises und finde, dass das hier sehr gut gehandhabt wird", sagte Löw vor dem Ausscheiden der deutschen Mannschaft gegen Südkorea.

"¡Viva el VAR!"

Doch die Aufreger häufen sich: Wilmar Roldan verblüffte mit seinem zweiten Elfmeterpfiff zugunsten von Saudi-Arabien gegen Ägypten.

Nach einem absolut harmlosen Kontakt entschied der Kolumbianer auf Strafstoß – und ließ sich auch durch die Intervention der Video-Assistenten und eine Überprüfung der Bilder nicht davon abbringen.

Schon beim Confed Cup hatte Roldan sich eine peinliche Panne beim Spiel von Deutschland gegen Kamerun geleistet und durch einer Verwechslung mehrfach den Videobeweis benötigt.

Bei der WM konnte sich das deutsche Team gegen Schweden glücklich schätzen, dass der Einsatz von Jérôme Boateng gegen den früheren Hamburger Marcus Berg nicht geahndet wurde. "Das ist einfach ein Elfmeter und eine Rote Karte", wertete Ex-Referee Meier im ZDF. "

Die Unterlegenen wüten, die Begünstigen feiern hingegen die Videogrüße aus Moskau. "¡Viva el VAR!" ("Es lebe der Videobeweis!"), titelte die Sportzeitung "Marca" nach dem 2:2 für Spanien gegen Marokko. Die Unparteiischen hatten vor dem Ausgleich in der Nachspielzeit zunächst auf Abseits entschieden.

Da sie damit allerdings so lange warteten, bis der Ball im Tor war, ließ sich die Szene überprüfen. Ein Musterbeispiel für den gelungenen Videobeweis.

Marokkos Coach Hervé Renard beklagte hingegen, dass der Schiedsrichter den Eckball vor dem Ausgleich von der falschen Seite ausführen ließ.

So ein kleinerer Regelverstoß wird jedoch nicht überprüft. Stattdessen kommt der Videobeweis nur bei offensichtlichen Fehlern der Unparteiischen bei Torentscheidungen, Abseitsstellungen, Platzverweisen oder bei der Verwechslung eines zu bestrafenden Spielers zum Einsatz. (dpa)

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