Nur wenn’s im Kopf stimmt, klappt’s mit den Sprüngen

Von Sabine Schiner Veröffentlicht:

"Beim Skispringen lenkt viel der Kopf - nach Weihnachten hat er zu viele Dämpfer bekommen", so der Skispringer Sven Hannawald über seinen derzeitigen Gemütszustand. Nach dem Abschluß der Vierschanzentournee erreichte er lediglich Rang 12.

Sein Team-Kollege Martin Schmitt kam auf Platz 16 in der Gesamtwertung. Die beiden Favoriten wurden von jungen Athleten wie Georg Späth und Michael Uhrmann überholt. "Ich bin absolut deprimiert. Was ich hier auf die Mütze bekommen habe, ist nicht normal", so Hannawald nach dem Wettbewerb in Bischofshofen. Nun sollen die beiden Sportler eine Pause im Weltcup einschieben und die Niederlagen verarbeiten.

Skispringer brauchen Nerven wie Drahtseile

Die Belastungen beim Skispringen sind groß. Fast 100 Stundenkilometer schnell sausen die Athleten die Schanze hinab, um sich im richtigen Moment abzustemmen und Sekunden später möglichst elegant zu landen. Skispringer brauchen Nerven wie Drahtseile. "Bei Wettkämpfen wie der jetzt zu Ende gegangenen Vierschanzentournee, nehmen die Athleten bis zu zwei Kilogramm pro Tag ab", so der Internist und Sportmediziner Ernst Jakob im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". Er betreut seit 1985 die Skispringer für den Deutschen Skiverband (DSV). Hauptberuflich leitet er die Sportmedizinische Abteilung im Krankenhaus für Sportverletzte in Lüdenscheid.

Im Frühjahr ist der Mediziner beim individuellen Leistungscheck der Springer mit dabei, im Sommer beim Lehrgang auf der Insel Usedom. Immer wieder muß sich Jakob vor allem um die Kniebeschwerden seiner Athleten kümmern. 400 bis 600 Sprünge absolvieren die Sportler pro Jahr. Gerade weite Sprünge aus großer Höhe beanspruchen die Gelenke, wie etwa bei der Schanze im italienischen Val di Fiemme. Bei flachen und langen Flugkurven ist der Landedruck dagegen eher gering.

Bei den Wettkämpfen steht Jakob unten im Auslauf, bereit, jederzeit Erste Hilfe zu leisten. Der Mediziner war beispielsweise Ende November auch der Erste an der Unfallstelle bei Thomas Morgenstern im finnischen Kusamo. Der österreichische Athlet hatte während des Sprungs die Kontrolle verloren und sich mehrmals überschlagen. Der Sturz ging glimpflich für ihn aus.

"Schwere Stürze sind glücklicherweise sehr selten beim Skispringen", sagt Jakob. Erkältungskrankheiten kommen da schon viel häufiger vor. Trotzdem hat Jakob auch im Traininglager immer seine Notfallausrüstung dabei. "In Kusamo war ich im vergangenen November bei den Wettkämpfen der einzige Mediziner", erzählt er. "Dort gab es auch keinen Rettungswagen, sondern nur einen ganz normalen Krankenwagen." Solch schlechte Bedingungen sind jedoch nicht die Regel. Acht Ärzte und 40 Sanitäter waren zum Beispiel allein beim Auftaktspringen der Vierschanzentournee in Oberstdorf im Einsatz.

Der Teamarzt leistet auch psychologische Hilfe

Jakob behandelt jedoch nicht nur die Verletzungen der Springer während und nach der Wettkämpfe, er bereitet die Athleten auch physisch und psychisch auf Training und Wettkampf vor. "Ich muß dem Sportler die Sicherheit geben, daß er gesund ist und nicht krank - auch das trägt zur Leistungsoptimierung bei." Der Mediziner sieht deshalb auch keinen Bedarf für einen Psychologen im Kader. "Im Team gibt es niemand, der nur seinen Job macht - und dann die Tür hinter sich schließt.

Von den Trainern bis zu den Physiotherapeuten versuchen alle, positiv auf die Leistungen der Athleten einzuwirken." Es sei auch nicht so einfach, einen Psychologen in das Team zu integrieren. "Wenn jemand neu in dieses Metier kommt, der kann nicht sofort positiv auf die Leistung einwirken. Er muß erst länger im Team sein - vielleicht sind wir da auch ein bißchen verschlossen", sagt Jakob. Er ist der Meinung, daß vor allem auch der Trainer wissen muß, wie er seinen Athleten anpacken muß - "nur dann kommt es zu Spitzenleistungen".

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