Im Windschatten der Tour-Profis - mit neuer Leber und neuer Niere

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MÜNCHEN (ag). Der Sieger der diesjährigen Tour de France scheint bereits vor den letzten Etappen an diesem Wochenende festzustehen: Aller Voraussicht nach wird wieder Lance Armstrong das Rennen machen, der die Radrundfahrt seit seiner Krebserkrankung schon sechs Mal gewonnen hat.

In seinen Windschatten hat sich der Münchner Peter H. begeben, der zusammen mit Sohn Andreas den Mont Ventoux, den höchsten Berg der Provence, heraufgeradelt ist. Für den 48jährigen eine besondere Leistung, denn er lebt seit elf Jahren mit einer neuen Leber und einer neuen Niere, die ihm am Klinikum der Universität in Großhadern bei München eingepflanzt wurden.

Rückblende: Im Dezember 1994 liegt Peter H. todkrank auf der Intensivstation in Großhadern. Zwölf Monate zuvor ist er zur Beobachtung in die Klinik gekommen, weil er sich ständig schlapp fühlte. Die Diagnose ist niederschmetternd: Die Funktion von Leber und Nieren ist so stark eingeschränkt, daß H. nur noch eine Transplantation retten kann.

Doch Spender-Organe sind bekanntlich knapp, ein Drittel der Patienten stirbt während der Wartephase. Auch für Peter H. wird das Warten zur Tortur: "Ich konnte nicht mehr essen, ich konnte nicht mehr laufen, ich war körperlich ein Wrack", erinnert er sich heute. "Ich wog bei einer Größe von 1,87 Metern nur noch 58 Kilo". Familie und Freunde versuchen ihn aufzubauen, halten in der schweren Zeit eisern zu ihm. "Trotzdem wollte ich irgendwann nur noch sterben", sagt H., der am Bayerischen Innenministerium tätig ist.

Kraft geben ihm außer dem privaten Umfeld in erster Linie die "liebevolle Pflege in Großhadern und die Gespräche mit dem Klinikpfarrer". Am ersten Weihnachtstag 1994 erfährt er, daß es passende Spenderorgane für ihn gibt, am nächsten Tag wird er operiert. Vier Tage nach dem Eingriff wird H. von der Intensivstation auf die Normalstation verlegt, und von da an "ging es eigentlich nur noch bergauf".

Im Oktober 1995, nach fast zwei Jahren Abstinenz, kehrt Peter H. wieder an seinen Arbeitsplatz zurück. "Die Kollegen und Minister Günther Beckstein haben mir den Wiedereinsteig leicht gemacht", betont er. "Vor allem, indem sie mich vollkommen normal behandelt haben, freundlich, ohne oftmals falsch zu verstehende Berührungs- und Anforderungsängste. Das war für mich unheimlich wichtig. Damit ist die Integration von Behinderten hier kein sinnentleertes Schlagwort."

Probleme mit dem Rücken bringen ihn zum Radfahren. Sein Traum: einmal einen Berg aus dem Tour-de- France-Programm zu bewältigen! 2004 ist es dann soweit: Peter H. steht auf dem Gipfel des Mont Ventoux. Vollkommen fertig, aber glücklich.

"Das Gefühl da oben ist unbeschreiblich", sagt der Mann, der vor elf Jahren keinen Schritt mehr laufen konnte. Nach dem Ende der diesjährigen Tour de France will er erneut einen Gipfel erobern. Sein persönlicher Sieg ist dabei das Ankommen, nicht die Geschwindigkeit.

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