Gesundheitsfonds - ein unaufhaltsames Unglück?

KIEL (di). Der Gesundheitsfonds wird nicht wie im Gesetz festgelegt zum 1. Januar 2009 kommen. Diese Erwartung vertreten Mitglieder des Gesundheitsausschusses des Bundestages parteiübergreifend.

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Der Gesundheitsfonds wird nicht wie geplant kommen, glauben die Gesundheitspolitiker Daniel Bahr (FDP), Dr. Rolf Koschorrek (CDU) und Dr. Wolfgang Wodarg (SPD, von links) übereinstimmend.

Der Gesundheitsfonds wird nicht wie geplant kommen, glauben die Gesundheitspolitiker Daniel Bahr (FDP), Dr. Rolf Koschorrek (CDU) und Dr. Wolfgang Wodarg (SPD, von links) übereinstimmend.

© Foto: di

Sowohl Dr. Wolfgang Wodarg (SPD) und Dr. Rolf Koschorrek (CDU) als auch Daniel Bahr (FDP) erwarten, dass die große Koalition in diesem Punkt noch einen Rückzieher macht. Auf einer Veranstaltung des Fritz Beske Institutes machten sie aber auch deutlich, dass diese Frage in erster Linie von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt entschieden wird.

Bahr sieht keine Unterstützung für den Fonds bei Abgeordneten

Unter den Abgeordneten selbst, machte Bahr deutlich, müsse man Anhänger des Fonds "mit der Lupe suchen". "Den Fonds will eigentlich niemand mehr", sagte Bahr in Kiel. Nach seiner Einschätzung taktieren Bundeskanzlerin und Gesundheitsministerin derzeit, ob ein Stopp des Fonds nicht geringeren politischen Schaden anrichtet als ein Festhalten. Koschorrek machte sich für eine Evaluationsphase stark. "Wir müssen uns Gedanken machen, inwieweit wir Schätzungen, die dem Konstrukt zu Grunde liegen, trauen können", sagte Koschorrek. Wodarg erneuerte seine Kritik und sagte mit Blick auf die weitere Entwicklung: "Ich bin auf die Kompromisse gespannt."

Anders als die Politiker glauben Vertreter der Selbstverwaltung nicht, dass sich bis Jahresbeginn noch etwas an den politischen Plänen ändert. Einzig DAK-Chef Professor Herbert Rebscher, der seit Monaten gegen den Fonds argumentiert, zeigt sich optimistisch. AOK-Chef Hans-Jürgen Ahrens hingegen hat sich mit dem Fonds abgefunden: "Die Zeit des Lamentierens ist vorüber. Jetzt muss man versuchen, zu gestalten."

Ärztevertreter: Veränderungen beim Fonds unwahrscheinlich

Die AOKen arbeiten nach seiner Darstellung daran, ohne Zusatzprämie auszukommen. Auch Dr. Klaus Bittmann, Chef des NAV Virchowbundes und des Bundesverbandes der Ärztegenossenschaften, und Dr. Ulrich Thamer, KV-Vorsitzender in Westfalen-Lippe sowie der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses Dr. Rainer Hess glauben nicht, dass am Fonds noch etwas verändert wird. "Merkel lässt sich auf keine Diskussion mehr ein", glaubt Thamer.

Zugleich erwartet mit Ausnahme Bittmanns keiner der Beteiligten, dass der durchschnittliche Beitragssatz in der GKV von derzeit 14,8 Prozent gehalten werden kann. Sowohl Politiker als auch die Vertreter der Selbstverwaltung prophezeien eine kräftige Erhöhung. Eine Versorgungsverbesserung erwarten sie durch Fonds und Beitragserhöhung nicht - im Gegenteil: Rebscher verwies auf die 52 Millionen Konten, die die gesetzlichen Kassen für die Zusatzprämien einrichten und pflegen müssen.

Er erwartet dafür Kosten in Höhe einer halben Milliarde Euro. Rebscher prophezeite ein striktes Kostensenken "zu Lasten sinnvoller Versorgungsverträge". Bahr sagte eine rigorose Kostendämpfungspolitik voraus, um die Beitragssatzsteigerungen im Rahmen zu halten. "Das bedeutet Gesundheitsversorgung nach Zuteilung und Kassenlage. Das macht unser Gesundheitssystem schlechter."

Breitere Einnahmebasis: Ja! - aber auf verschiedenen Wegen

Deutlich wurden in Kiel auch die grundsätzlichen Unterschiede in der Gesundheitspolitik zwischen SPD und CDU. Beide sind für eine Verbreiterung der Einnahmebasis der GKV, aber auf unterschiedlichen Wegen. Koschorrek plädierte für eine Abkoppelung der Beiträge vom Arbeitseinkommen und eine stärkere Steuerfinanzierung. Wodarg will "mehr Solidarität" erreichen, indem mehr Menschen als Beitragszahler in die GKV einbezogen werden.

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