Doping-Kronzeuge wird zum Geächteten

FOIX/FULDA (dpa). Vor dem langersehnten Stichtag will bei Patrik Sinkewitz keine rechte Freude aufkommen. Morgen läuft die einjährige Doping-Sperre des 27-Jährigen ab, doch ein neuer Rennstall ist für den Radprofi aus Hessen weit und breit nicht in Sicht.

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Gibt die Hoffnung auf eine Rückkehr nicht auf: Patrik Sinkewitz.

Gibt die Hoffnung auf eine Rückkehr nicht auf: Patrik Sinkewitz.

© Foto: dpa

"Es ist gut, dass der Tag kommt, aber so richtig darüber freuen kann ich mich erst, wenn ich eine Startnummer habe und wieder ein Rennen fahre", sagte Sinkewitz in einem Gespräch mit der Deutschen PresseAgentur: "Sonst ist es nichts wert." Der Profi aus Fulda hatte im Herbst 2007 mit seiner Doping-Beichte den deutschen Profi-Radsport ins Wanken gebracht. Als Kronzeuge hatte er dem Sportgericht des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) detailliert geschildert, wie im einstigen Vorzeige-Team T-Mobile über Jahre systematisch gedopt wurde.

"Es ist eine Illusion zu glauben, dass alle sauber sind"

Der Lohn für das Geständnis: Eine auf ein Jahr reduzierte Sperre und eine Strafe von 40 000 Euro. Noch härter traf Sinkewitz aber die Missachtung der Radsport-Szene, die den "Abtrünnigen" bis heute nicht wieder in ihrer Mitte aufgenommen hat. "Ich kann zur Zeit in keinster Weise Hoffnung verbreiten", sagt Sinkewitz auf die Frage, ob er bald ein neues Team gefunden hat.

Bei einer Trainingskontrolle war der Hesse am 8. Juni 2007 positiv auf Testosteron getestet worden, das Ergebnis wurde am 17. Juli während der Tour de France bekanntgegeben. Das Magenta-Team suspendierte ihn daraufhin sofort. Seit seinem anschließenden Geständnis-Marathon, der ihm auch eine Begegnung mit dem Bundeskriminalamt bescherte, arbeitet Sinkewitz hartnäckig am Comeback. Mit dem Karriere-Ende will er sich trotz der prekären Situation nicht abfinden. "Ich habe nie Illusionen gehabt, aber ich denke, ich habe noch ein paar Jahre", bemüht sich der Deutschland-Tour-Sieger von 2004 um Zweckoptimismus, auch wenn es "nicht immer einfach" sei, sich täglich für das Training zu motivieren.

Den Frieden mit sich und seiner Doping-Vergangenheit hat er längst gemacht. "Ich kann die Zeit nicht zurückdrehen. Ich habe meine Lektion mit Sicherheit in vollster Weise erhalten und daraus gelernt", versichert der Geläuterte glaubhaft. Ob dies auf andere Fahrer ebenfalls zutrifft, daran hat Sinkewitz seine Zweifel. Für ihn sei die Heuchelei das Schlimmste, dass bei der diesjährigen Tour Profis dabei seien, die wie der ebenfalls geständige Kronzeuge Jörg Jaksche auf der Liste des mutmaßlichen Doping-Arztes Eufemiano Fuentes gestanden hätten. "Die Illusion, dass alle sauber sind, darf man nicht haben", sagt Sinkewitz, der die Tour am Fernseher verfolgt.

Hätte Sinkewitz gelogen, ginge es ihm finanziell heute besser

Bei der Frankreich-Rundfahrt wird man das Gefühl nicht los, als ob Sinkewitz in der Szene zur Persona non grata geworden ist. So findet etwa Milram-Teamchef Gerry van Gerwen die Frage nach einer möglichen Sinkewitz-Verpflichtung provokant. Auch finanziell hat das vergangene Jahr Spuren hinterlassen. Neben der derzeitigen Arbeitslosigkeit und Finanzamt-Begehren macht Sinkewitz eine Schadenersatz-Forderung seines Ex-Sponsors Förstina von etwa 300 000 Euro zu schaffen.

"Das ist das Paradoxe: Wenn ich alles geleugnet hätte, hätte ich keinen Euro für etwas bezahlen müssen", meint Sinkewitz und lässt leise Zweifel anklingen, ob er seine Beichte so wiederholen würde: "Rein sportlich gesehen, ist es natürlich geschickter, wenn man nichts sagt." Persönlich jedenfalls scheint er jetzt mit sich im Reinen.

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