Kommentar
Große Mehrheit, bescheidene Bilanz
Die vorläufige gesundheitspolitische Bilanz der großen Koalition fällt bescheiden aus. Da sind die beiden Großreformen - Wettbewerbsstärkungsgesetz (WSG) und Pflegereform: Das WSG hat den Geburtsmakel, kleinster gemeinsamer Nenner von Union und SPD zu sein. Falls es klare Mehrheitsverhältnisse nach der Bundestagswahl gibt, steht die GKV erneut vor einer Generalüberholung. Bei der Pflegereform navigierte die Koalition auf Sichtweite: Mehr Leistungen, höhere Beiträge - und doch dürften die Pflegekassen kaum aus den roten Zahlen kommen.
Beide Reformen haben der Koalition lange als Vorwand gegolten, um andere Vorhaben liegen zu lassen. Beispiel Gendiagnostik-Gesetz: Schon die rot-grüne Regierung hat sich an der komplexen Rechtsmaterie verhoben. Das Gesetz wurde 2005 nicht mehr vor der Wahl fertig. Vier Jahre später beginnt erst in diesen Wochen die parlamentarische Feinarbeit. So entsteht etwa fünf Monate vor der parlamentarischen Sommerpause unnötiger Zeitdruck, der handwerkliche Fehler programmiert.
Ein Trauerspiel eigener Art ist das Präventionsgesetz. Parteipolitische Kirchtumspolitik verhindert schon seit Monaten ein quasi fertiges Gesetz. Auch bei der Diamorphinbehandlung für Schwerstabhängige soll eine überfraktionelle Gesetzesinitiative retten, was die in der Drogenpolitik zerstrittene Koalition bislang verschlafen hat.
Die schwarz-rote Mehrheit im Parlament ist groß, ihre Erfolgsbilanz nicht.
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