Gesundheitspolitik mit Schuhgröße 18

Die FDP will die Gesundheitspolitik zu einem Schwerpunktthema im Bundestagswahlkampf machen. "Wir brauchen den Richtungswechsel", erklärt ihr gesundheitspolitischer Sprecher Daniel Bahr im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:

Die Umfragewerte könnten für die FDP zurzeit kaum besser sein. 18 Prozent plus x, haben Meinungsforschungsinstitute ermittelt. Daniel Bahr, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, bleibt trotzdem auf dem Teppich. "Es sind noch sieben Monate bis zur Bundestagswahl. Da kann viel passieren." Auch bei der Frage, ob er sich schon als Nachfolger von Bundesgeesundheitsministerin Schmidt sieht, bleibt der FDP-Mann unaufgeregt. "Posten werden immer erst nach der Wahl verteilt", sagt er. Sollen sich doch andere schon jetzt um das Amt bewerben. Die Liberalen warten ab - und greifen an.

Zurück zur Wahlfreiheit bei Therapie und Therapeuten

"Wir werden die Union daran erinnern, dass der Weg in die Staatsmedizin, den sie mit der SPD gegangenen ist, so nicht fortgesetzt werden kann. Wir brauchen einen Richtungswechsel in der Gesundheitspolitik." In den vergangenen acht Jahren sei ein Weg beschritten worden hin zu einer "zentralistisch gelenkten Einheitskasse", kritisiert Bahr. Der Einfluss des Staates im Gesundheitswesen habe immer mehr zugenommen. "Die Ergebnisse sind dadurch aber nicht besser geworden", sagt Bahr.

Seine Partei wolle im Wahlkampf für die Rückbesinnung auf "tragende Werte" im Gesundheitswesen werben. Nach liberaler Lesart sind das: "Eigenverantwortung, Leistungsgerechtigkeit und Wahlfreiheit bei Therapie und Therapeuten." Das Gesundheitssystem benötige obendrein "einen echten, fairen und keinen künstlichen Wettbewerb, der letztlich nur auf neue Monopolstrukturen hinausläuft." Echter Wettbewerb funktioniere nur dann, "wenn Vielfalt und gleich lange Spieße vorhanden sind". Derzeit sei das nicht der Fall.

Den Gesundheitsfonds würden die Liberalen - so sie Partner einer Regierungskoalition gleich welcher Couleur werden - rückgängig machen. "Der Fonds ist der Einstieg in ein System, in dem die Politik bestimmt, wie viel Geld dem Gesundheitswesen zur Verfügung steht. Das nenne ich Gesundheitspolitik nach Kassenlage." Die FDP will aber nicht bloß revidieren, sie sieht sich auch in der Rolle des gesundheitspolitischen Revolutionärs: "Wir streben einen Systemwechsel hin zum privaten Krankenversicherungsschutz mit sozialer Absicherung für alle an", erklärt Bahr. "Wir wollen, dass es eine Pflicht zur Versicherung der medizinischen Regelleistung gibt. Was, wie und wo der Versicherte sich versichern möchte, das soll der Versicherte selber entscheiden." Die Kassen müssten sich zu "Unternehmen mit sozialer Verantwortung" umwandeln. "Das können Genossenschaften oder Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit sein - vor allem muss gelten: Es gibt Regeln, die sie zu erfüllen haben." Dazu gehöre auch ein Annahmezwang. "Jeder Bürger hat in unserem Modell einen Anspruch darauf, zumindest im Umfang der Regelleistungen unabhängig von seinem Gesundheitszustand ohne Risikozuschläge versichert zu werden."

Und wie geht es mit der Honorarreform weiter?

Beim Thema Honorarreform die FDP habe immer wieder vor den Folgen des Gesundheitsfonds und einer bundeseinheitlichen Vergütung gewarnt, betont Bahr. Die jetzt aufmuckende CSU und ihr bayerischer Gesundheitsminister Markus Söder hätten das Ganze damals mitverhandelt und mitentschieden "Erst jetzt bemerken einige die Auswirkungen eines zentralistischen Systems."

Nun gehe es darum, eine "einfache, transparente und leistungsgerechte Gebührenordnung" zu entwickeln und politisch durchzuboxen. Wenn sich die Union an diesem Unternehmen beteilige wolle - nur zu. Sollte es zu einer Reform der Reform kommen, dann wäre Bahr freilich folgende Feststellung wichtig. "Das ist nur durch den Einfluss der Liberalen in Bayern möglich geworden."

Lesen Sie dazu auch: David gegen Goliath - die FDP reizt Schmidt und die Koalition "Weg mit der GKV, weg mit dem Gesundheitsfonds!" FDP will alle gesetzlichen Kassen abschaffen

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