Ein Patientenrechtsgesetz - wofür soll das gut sein?

MAINZ (fuh) Die Delegierten des Deutschen Ärztetags halten nichts von einem speziellen Patientenrechtsgesetz. Individuelle Patientenrechte sind im Behandlungsvertrag ausreichend gesichert, heißt es in einer mit großer Mehrheit verabschiedeten Entschließung.

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Die Delegierten lehnen ein neues Gesetz zur Sicherung der Patientenrechte ab.

Die Delegierten lehnen ein neues Gesetz zur Sicherung der Patientenrechte ab.

© Foto: imago

Schluss mit versteckter Rationierung, medizinische Leistungen müssen priorisiert werden! Die schon im Vorfeld des Ärztetags erhobene Forderung von Bundesärztekammer-Präsident Professor Jörg-Dietrich Hoppe ist auf ein immenses Medienecho gestoßen.

Die Debatte über "Patientenrechte in Zeiten der Rationierung" beim Ärztetag am Mittwoch war über weite Strecken geprägt von der Frage, wie die Botschaft von der Priorisierung von den Publikumsmedien transportiert und in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde. "Keiner soll nichts bekommen", stellte Hoppe noch einmal unmissverständlich klar. "Es geht darum, dass Menschen, die medizinische Behandlungen am nötigsten haben, bei der Priorisierung an erste Stelle gesetzt werden." In einigen Medienberichten war der falsche Eindruck entstanden, die Ärzteschaft fordere eine Rationierung von Leistungen.

"Strategien der Mittelbeschränkung dürfen Ärzte nicht dazu zwingen, gesundheitsökonomische Entscheidungen am Krankenbett für oder gegen den einzelnen Patienten zu treffen", sagte der Kölner Medizinrechtler Professor Christian Katzenmeier, der als Experte zum Thema Patientenrechte geladen war. Er beschäftigte sich mit der Frage, ob Ärzte mit Blick auf den Kostenanstieg im Gesundheitswesen bei knapper werdenden finanziellen Ressourcen die hohen Standards medizinischer Versorgung halten können. Zu bedenken sei dabei auch, ob die vielen Maßnahmen der Kostendämpfung womöglich zur Begrenzung des Heilauftrags führen - und haftungsrechtliche Konsequenzen haben könnten.

Katzenmeier sieht für Ärzte ein wachsendes Spannungsverhältnis zwischen dem Haftpflicht- und dem Sozialversicherungsrecht. Die Untergrenze für den Handlungsspielraum des Arztes ergebe sich aus der Forderung nach der "erforderlichen Sorgfalt" (Paragraf 276 Abs. 2 BGB). Die Handlungsobergrenze werde mit der Maßgabe einer "ausreichenden Versorgung" (SGB V, Paragraf 12, Abs. 1) bestimmt.

"Wenn sich das Haftpflichtrecht weiter am medizinisch Machbaren orientiert und damit tendenziell das Optimale fordert, während nach Sozialversicherungsrecht Leistungen nicht erbracht werden dürfen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, dann droht die Gefahr eines Auseinanderdriftens beider Teilrechtsgebiete", warnte Katzenmeier.

Das ärztliche Haftungsrecht dürfe nicht missbraucht werden, um staatliche bedingte Versorgungsdefizite zu kaschieren, heißt es in dem von den Delegierten verabschiedeten Antrag. Und weiter: "Führen solche Versorgungsdefizite zu einer Versorgung unter Standard, dann darf der Arzt die Behandlung des Patienten ablehnen". Über diesen Satz gab es im Plenum eine kurze kontroverse Debatte, am Ende wurde er aber mit überwältigender Mehrheit akzeptiert.

Gastredner Katzenmeier forderte eine gesellschaftliche Diskussion über Fragen der Priorisierung und Rationierung. "Es geht dabei nicht darum, den Arzt zu schützen", sagte er. "Es geht darum zu verhindern, dass die Interessen des Patienten gegen die Interessen des Arztes ausgespielt werden." Für diese Bemerkung erhielt er donnernden Applaus.

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