Schmidt sieht mehr Wettbewerb durch Fonds

Gut ein halbes Jahr nach Start des Gesundheitsfonds ist Ministerin Ulla Schmidt (SPD) zufrieden. "Der Wettbewerb funktioniert." Die Opposition widerspricht.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
Mehr Wettbewerb dank Gesundheitsfonds? Oder doch nur gezinkte Würfel? Die Geister scheiden sich.

Mehr Wettbewerb dank Gesundheitsfonds? Oder doch nur gezinkte Würfel? Die Geister scheiden sich.

© Foto: Bilderbox

BERLIN. Unter Experten war er sehr umstritten, die große Koalition boxte ihn trotzdem durch: Am 1. Januar 2009 wurde in Deutschland der Gesundheitsfonds eingeführt.

Jetzt - rund sechs Monate später und knapp drei Monate vor der Bundestagswahl im September - hat Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) eine positive Bilanz gezogen. "Mit dem Gesundheitsfonds funktioniert der Wettbewerb zwischen den Krankenkassen nach fairen Regeln", sagte die Politikerin am Donnerstag auf einer Fachtagung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) zum Thema Wettbewerb, Solidarität und Verbrauchersouveränität im Gesundheitswesen.

Nicht mehr die Höhe des Beitragssatzes entscheide darüber, wer das Rennen um neue Versicherte mache. "Was zählt, sind Service und Qualität der Versorgung", sagte Schmidt.

Im neuen Zeitalter des Gesundheitsfonds müssten sich AOK, DAK & Co. viel intensiver als bisher darum kümmern, dass die Rechte ihrer Versicherten im Gesundheitswesen gewahrt bleiben, dass jeder Versicherte möglichst zeitnah einen Termin bei einem Facharzt bekommt und dass chronisch kranke Menschen gute Versorgungsangebote erhalten. "Diesen Wettbewerb möchten wir gerne", betonte Schmidt.

Dass derzeit immer mehr Krankenkassen durch Fusionen untereinander die Erhebung von Zusatzbeiträgen für Versicherte zu umgehen versuchten, zeige zudem, so Schmidt weiter, "dass es erhebliche Reserven im Gesundheitssystem gibt, die gehoben werden können, ohne dass wir die Leistungen für die Versicherten einschränken müssen". Schmidt ließ keinen Zweifel aufkommen: Ohne Einführung des Gesundheitsfonds zum 1. Januar 2009 wäre dieses Wirtschaftlichkeitspotenzial im Gesundheitssystem nicht zutage getreten.

Vertreter der Oppositionsparteien widersprechen dem energisch. "Der Gesundheitsfonds hat den Wettbewerb unter den Krankenkassen zunichtegemacht, nicht befördert", sagte der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Daniel Bahr, der "Ärzte Zeitung". Mit dem Start des Fonds gebe es nur noch einen Wettbewerb darum, den Zusatzbeitrag zu verhindern. "Das merken wir daran, dass Verträge zur Integrierten Versorgung bundesweit gekündigt und Zusatzleistungen für Versicherte ersatzlos gestrichen werden." Die DAK etwa habe Auslandsschutzimpfungen aus ihrem Leistungsangebot genommen, die Barmer Ersatzkasse ihren Hausarzttarif gekündigt. Ergebnis: "Die Kassen werden immer gleicher, das heißt, wir haben nicht nur den Einheitsbeitragssatz, sondern die Kassen werden auch bei den Leistungen immer gleicher." Wegen der vielen Fusionen wiederum komme es zu immer neuen "Kassengroßgebilden", die immer mehr Einkaufsmacht in ihren Händen hielten. "Das versteht Frau Schmidt unter Wettbewerb."

Auch die Gesundheitsexpertin der Grünen, die Bundestagsabgeordnete Biggi Bender, kann im Gesundheitsfonds kein Instrument für mehr Wettbewerb erkennen und möchte das Ganze denn auch gleich nach der Wahl wieder abschaffen. "Der Gesundheitsfonds ist überflüssig", sagte Bender auf Anfrage. Auch sie befürchtet, dass die Kassen zu einem rigiden Sparregime übergehen werden, um einen Zusatzbeitrag zu verhindern. Der Fonds würde sich dann als echte Innovationsbremse entpuppen, so Bender.

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