Chronik

Koalition zwischen Störfeuer und Stellungskrieg

Veröffentlicht:

"Staatsbegräbnis für Prämie": Horst Seehofer.

Die Unterschrift unter dem Koalitionsvertrag war kaum getrocknet, da gingen sich Union und FDP schon an die Gurgel. Einen "radikalen Systemwechsel im Gesundheitswesen" werde es auf absehbare Zeit nicht geben, schallte es Anfang November 2009 aus München. Horst Seehofer hatte sich via Zeitungsinterview gemeldet und dem frisch gekürten FDP-Minister Philipp Rösler mal eben Nachhilfe in Gesundheitspolitik erteilt. Der hatte zuvor für die Gesundheitsprämie geworben und dabei dezent auf den Koalitionsvertrag hingewiesen.

Die Störfeuer aus München wurden dennoch heftiger. Seehofer sprach mal von einem "Staatsbegräbnis", das die Kopfpauschale erfahren habe, dann nannte er das Projekt "völligen Nonsens".

"Wenig Perspektive": Markus Söder.

Wenn der Chef keine Lust zum Pöbeln verspürte, schickte er seinen Gesundheitsminister Markus Söder vor: Die Steuermittel reichten nicht, um einen Sozialausgleich zu finanzieren, so Söder. Die Kopfpauschale habe deshalb "wenig Perspektive".

Und weil Streiten sowieso Spaß macht, mischte sich auch CSU-Bundestagsfraktionsvize Johannes Singhammer ein: "Es wird mit der CSU keinen Mechanismus geben, der Ausgabensteigerungen automatisch nur auf die Versicherten abwälzt."

Die FDP nahm es gelassen - und rief die CSU auf, nach Feierabend einfach mal den Koalitionsvertrag zu lesen. Brenzlig wurde es, als Kanzlerin Angela Merkel - nicht unbedingt bekannt dafür, Konflikte in "Basta"-Manier zu lösen - Rösler ermahnte, nicht immer wieder mit Vorschlägen für die Kopfpauschale aufzuwarten, ohne zu sagen, wie er das haushaltsneutral hinbekommen wolle.

Union im Stellungskrieg: Wolfgang Kubicki.

Weiteres Öl ins Feuer kippte FDP-Bundesvorstandsmitglied Wolfgang Kubicki. "Bild" vertraute er an, die Union habe sich "für einen Stellungskrieg innerhalb der Koalition gerüstet". Die "Freunde von CDU und CSU" sollten endlich mal die Angriffe unterlassen. Das hielt aber CSU-General Alexander Dobrindt nicht ab, über "Spiegel online" einen neuen Pfeil abzuschießen: "Herr Rösler sollte weniger Tagträumereien nachhängen." (hom/bee/Fotos: dpa)

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Schluss mit der Kakofonie

Lesen Sie dazu auch: 100 Tage Rösler - wie lange währt die Freundlichkeit?

Ein Porträt Irgendwo zwischen Herkules und Sisyphus

Das Erbe Am Wettbewerbsstärkungs-Gesetz wird sich Schwarz-Gelb noch lange abarbeiten

Finanzkrise Gesundheitspolitik - der Finanzminister gibt den Takt vor

Die Konfliktfelder Baustelle Medizinbetrieb: Die heißen Eisen

Rückblick Die ersten 100 Ministertage von Ulla Schmidt

Schlagworte:
Mehr zum Thema

Wenige Genehmigungen entzogen

KBV veröffentlicht Qualitätsbericht für 2022

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Kommunikation und Datenschutz

Neue Perspektiven für IT in der Praxis

Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“