Placebo gegen das Sommerloch
Thomas Hommel ist Hauptstadtkorrespondent der "Ärzte Zeitung". Schreiben Sie ihm: thomas.hommel@springer.com
Für Journalisten hält der Sommer nicht nur schöne Seiten bereit. Manchem Kollegen geht in diesen Tagen einfach der Stoff aus. Besonders hart trifft es jene, deren Geschäft die Tagespolitik ist. Politiker, über deren Auf- und Fehltritte berichtet werden soll, machen einfach Urlaub und lassen die Redakteure schlagzeilenlos zurück. Insider sprechen dann von "Saurer-Gurken-Zeit" oder vom "Sommerloch".
An solchen nachrichtenarmen Tagen ist jeder der schreibenden und drehenden und sprechenden Kollegen heilfroh, wenn sich wenigstens irgend etwas ereignet, was er aufschreiben, in die Kameras oder Mikrofone sagen kann. Mitunter kann es dann passieren, dass aus einer Mücke ein Elefant, einer winzigen Meldung eine Riesenstory oder einer schon tausendmal gehörten Forderung eine Endlos-Debatte wird.
In diese Kategorie "Sommerlochthema" fällt die Debatte um den Ausschluss der Homöopathie aus dem Leistungskatalog der GKV. Der hungrigen Journalistenschar vor die Füße geworfen hat das Thema der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Wirklich neu ist das Ganze nicht - aber was soll's: In Zeiten wie diesen ist - wie gesagt - wichtig, dass überhaupt irgendwas gesagt wird.
Lauterbach sagt, Homöopathie bringe nichts, sei Placebo und daher sollten die Kassen die Kosten dafür auch nicht mehr übernehmen. Siehste, lieber Philipp Rösler, so stopft man als Gesundheitsminister Milliardenlöcher bei AOK, DAK & Co.. Dass die Kassen derzeit nur 8,4 Millionen Euro im Jahr für Homöopathie ausgeben und der Rest im Rahmen von Wahltarifen einzelner Krankenversicherer erstattet wird, sagt Lauterbach nicht - warum auch, es hat ihn ja auch keiner gebeten, die Summe zu nennen.
Stattdessen werden landauf und landab Politiker, Krankenkassenmanager, Ärzte und andere Experten vor die Schreibblöcke, die Kameras und die Hörfunk-Mikrofone gezerrt, die kundtun sollen, was sie denn so von der Homöopathie im Allgemeinen und im Besonderen halten - oder auch nicht.
Das funktioniert prima und siehe da: Das gefürchtete "Sommerloch" ist am Ende gar nicht so tief wie befürchtet - Herrn Doktor Lauterbachs Placebo sei es gedankt!