Vorstoß der KBV

Kampf dem Papierkrieg

Von der Wiege bis zur Bahre - Formulare, Formulare: Wie sehr die Bürokratie die Arztpraxen tatsächlich lähmt, will die KBV jetzt herausfinden. Dazu hat sie ein interaktives Internetportal freigeschaltet - und ruft die Ärzte zum Mitmachen auf.

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Träumt er von der papierlosen Praxis?

Träumt er von der papierlosen Praxis?

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BERLIN (af). Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) tritt in einen Dialog mit den Vertragsärzten über die Bürokratie ein.

In einem Internetportal können sich Ärzte und Psychotherapeuten seit Dienstag über den Verwaltungsaufwand in den Praxen austauschen und die Vorschläge der Kollegen kommentieren.

Ärzte und Therapeuten können sich bei der KBV als Experten registrieren lassen und sie beim Abschätzen des Bürokratieaufwandes unterstützen.

Das Portal ist Teil der Initiative "Mehr Zeit für Patienten" und ist direkt nur für die rund 30.000 Vertragsärzte zugänglich, die sich am Datenaustausch über KV-Safenet beteiligen.

Alle anderen Niedergelassenen sind deshalb nicht außen vor. Sie können sich mit Vorschlägen zum Bürokratieabbau an ihre Kassenärztliche Vereinigung wenden. Die leite sie dann an die KBV weiter, sagte KBV-Vorstand Regina Feldmann bei der Vorstellung des Projekts am Dienstag in Berlin.

Überflüssiges identifizieren

Mit dem Portal will die KBV überflüssige Verwaltungsakte identifizieren und abbauen helfen. Jeder Vorschlag werde bei der KBV geprüft. Nach etwa zwei Wochen sollen die Ärzte eine Rückmeldung erhalten, kündigte KBV-Dezernatsleiter Dr. Lothar Lieschke an.

Im Visier habe die KBV nicht die Behandlungsdokumentation an sich, sondern die Anfragen der Kassen. Das Portal sei ausdrücklich nicht als Kampfinstrument gegen die Kassen gedacht, sagte Feldmann.

Gleichwohl sind die Formularwut der Kassen und ihre Anfragen mit ein Auslöser für die jüngste Aktion der KBV. Die Arztpraxen seien zur "verlängerten Werkbank der GKV" geworden, sagte Lieschke.

Nicht hinter jeder Anfrage stehen die Kassen selbst. Auch der Wissensdurst der Versorgungsämter beschert den Ärzten zusätzliche Arbeit.

Ein jüngeres Beispiel: Ärzte sollen zunehmend Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für Arbeitslosengeldbezieher ausstellen, berichtete Feldmann. Jeder Versorgungsanspruch, den ein Ministerium schaffe, lande auf den Schreibtischen der Vertragsärzte und Psychotherapeuten.

Die KBV schätzt bereits seit 2010 neue Regelungen auf ihre Bürokratiebelastung ab. Mit dem Portal will die KBV auch herausfinden, ob sie und die Ärzte dabei überhaupt dieselbe Sprache sprechen.

"Wir wissen nicht, ob das, was wir als Bürokratie empfinden, draußen auch so empfunden wird", räumte Lieschke ein.

Einführung eines Rahmenformulars vorgeschlagen

Konkrete Forderungen der KBV an die verantwortlichen Politiker und die Kassen gibt es schon. Die Praxisgebühr soll weg, ist eine davon. Weniger prominent sind die Forderungen nach einer Vereinfachung der Bearbeitungen von Anträgen auf medizinische Rehabilitation.

Auch die formfreien Anträge der Kassen belasten den Praxisalltag. Hierfür schlägt die KBV vor, ein Rahmenformular einzuführen, das den Ärzten mehr Rechtssicherheit verschaffen soll.

Der Stoff wird den Ärzten nicht ausgehen. Mit der sektorenübergreifenden Qualitätssicherung, derzeit noch im Versuchsstadium, steht das nächste Bürokratiethema bereits vor der Praxistür.

Bürokratieabbau gilt längst auch in der Politik als zentrales Handlungsfeld, um mehr junge Mediziner für den Beruf des niedergelassenen Arztes zu begeistern. Dass es einen Zusammenhang zwischen der Arbeitszufriedenheit und dem Verwaltungsaufwand in den Praxen gibt, machte auch der Ärztemonitor 2012 deutlich.

57 Prozent der befragten Ärzte und Psychotherapeuten gaben an, dass ihnen für die Behandlung der Patienten nicht ausreichend Zeit bleibe und dass der Verwaltungsaufwand 14 Prozent ihrer Arbeitszeit verschlinge.

Hier geht's zum neuen Internetportal, allerdings nur über das KV-Safenet: http://buerokratieabbau.kv-safenet.de

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