Bundeswehr-Bericht

Sanitätsdienst bleibt Sorgenkind der Truppe

Unklare Strukturen und geringe Attraktivität - der Wehrbeauftragte sieht den Sanitätsdienst der Bundeswehr weiter kritisch.

Von Rebecca Beerheide Veröffentlicht:
Üben für den Einsatz: Beweglicher Arzttrupp der Bundeswehr.

Üben für den Einsatz: Beweglicher Arzttrupp der Bundeswehr.

© Beerheide

BERLIN. Der Wehrbeauftragte des Bundestages sieht die Leistungsfähigkeit des Sanitätsdienstes weiter erheblich gefährdet.

"Nach einer internen Defizitanalyse werden dem Sanitätsdienst trotz reduzierter Gesamttruppenstärke rund 1000 Stellen fehlen, um in der neuen Struktur die notwendige aufgaben- und einsatzorientierte medizinische Versorgung für die Streitkräfte leisten zu können", schreibt Hellmut Königshaus (FDP) in seinem Jahresbericht 2012, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde.

Darin stellt der Wehrbeauftragte fest, dass weiterhin 500 Sanitätsoffiziere fehlten, besonders angespannt sei die Personalsituation in der Chirurgie und Psychiatrie. Außerdem sei rund ein Fünftel der Dienstposten bei den Truppenärzten vakant.

Ob diese Dienstposten die rund 200 Musterungsärzte, die nach Auflösung der Kreiswehrersatzämter nicht mehr benötigt werden, ausfüllen können, scheint laut der Darstellung von Königshaus unklar.

Er fordert, dass den Musterungsärzten "für eine Verwendung im Sanitätsdienst die erforderliche Aus- und Weiterbildung angeboten werden" müsse.

Nicht nur die Nachwuchsgewinnung für den Sanitätsdienst bereitet der Bundeswehr Probleme -  auch die derzeitigen Sanitätsoffiziere empfinden laut Bericht den Dienst weiterhin als unattraktiv.

So sei es "bedauerlich", dass die seit 2009 geplanten Attraktivitätsprogramme für Sanitätsoffiziere nicht umgesetzt wurden., Dazu gehören Neuausrichtungen der Dienstposten, ein besseres Aus- und Fortbildungsangebot sowie einseitige finanzielle Zulagen.

Da die Bundeswehr auch in Konkurrenz mit dem "zivilen" Gesundheitswesen stehe, sei auch die Suche nach Pflegepersonal schwierig.

Durchaus kritisch sieht Königshaus die Umstrukturierung der fünf Bundeswehrkrankenhäuser. "Damit ist die Aufgabe der bisher angestrebten ,Maximalversorgung‘ verbunden."

Niedrige GOÄ-Sätze

Soldaten müssten in Kauf nehmen, für Behandlungen deutlich weitere Wege fahren zu müssen. Auch seinen die Bundeswehrkrankenhäuser auf Patienten mit MRSA-Keimen nicht vorbereitet. Für eine bessere Zusammenarbeit mit zivilen Kliniken scheint es auch an der technischen Ausrüstung zu mangeln.

"Immer noch nicht zufriedenstellend gelöst ist die informationstechnische Ausstattung der Bundeswehrkrankenhäuser zur notwenigen Abrechnung der Klinikleistungen für zivile Patienten sowie die medizinische Dokumentation."

Bei der Truppenärztlichen Grundversorgung -  dem Hausarzt für Soldaten - prangert der Wehrbeauftragte an, dass durch die Umstrukturierung kleinere Standorte keinen Truppenarzt mehr haben.

"Damit ist im Ergebnis der Abschied von der Rundumversorgung der Truppe durch den Zentralen Sanitätsdienst und die Aufgabe der ‚Vor-Ort‘-Versorgung kleinerer Standorte vollzogen."

Als extrem problematisch sieht der Wehrbeauftragte die Versorgung von Soldaten mit einer posttraumatischen Belastungsstörung.

Die Zahl der Betroffenen im Jahr 2012 ist auf den höchsten Wert gestiegen -  1143 Soldaten sind an PTBS erkrankt, darunter sind laut Bundeswehr 194 Neuerkrankungen.

Eine entsprechende Dunkelzifferstudie der TU Dresden läuft seit rund zwei Jahren und soll nach Informationen der "Ärzte Zeitung" im Sommer 2013 vorgestellt werden.

Ein ungelöstes Problem sei die Versorgung von ehemaligen Soldaten, die nach Ende ihrer Dienstzeit in der Bundeswehr an einer Belastungsstörung erkranken. Hier appelliert Königshaus an die Führsorgepflicht der Bundeswehr.

Da die Therapiekapazitäten zur Versorgung der traumatisierten Soldaten begrenzt sind, muss auch auf das "zivile" Gesunheitssystem zurück gegriffen werden.

Allerdings fehlten auch hier geeignete Therapeuten, ebenso gibt es Abrechnungsprobleme, da die Bundeswehr derzeit einen niedrigeren Satz als die GOÄ veranschlagt.

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