Interview mit Edgar Franke

"Die Selbstverwaltung hat jetzt die letzte Chance"

Zwischen Fach- und Hausärzten knirscht es hörbar. Warum es schwierig wird, das Verhältnis zu entkrampfen, erkärt der neue Vorsitzende im Bundestags-Gesundheitsausschuss im Interview. Und er findet deutliche Worte für die Selbstverwaltung: Es sei fünf vor zwölf.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Edgar Franke (SPD).

Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Edgar Franke (SPD).

© Pilick

Ärzte Zeitung: Herr Franke, an einer Stelle lässt der Koalitionsvertrag viel Spielraum für Interpretationen: bei der Organisation der Selbstverwaltung. Wie will man die Parität in den KVen zwischen Haus- und Fachärzten gesetzlich regeln?

Dr. Edgar Franke: Das ist eines der heißesten und umstrittensten Themen: Das Verhältnis zwischen Haus- und Fachärzten. Ich halte es für schwierig, dieses Verhältnis zu entkrampfen. Ganz oft geht es dabei um handfeste Positionen mit wirtschaftlichen Interessen. Und persönliche Eitelkeiten sind auch im Spiel.

Wir wollen jedenfalls keine Spaltung der KVen mit zwei getrennten Organisationen für Haus- und Fachärzte schaffen. Im Koalitionsvertrag ist deshalb immer noch von einer Vertreterversammlung die Rede, in der Haus- und Fachärzte gemeinsam, aber in Zukunft paritätisch vertreten sind. Sie sollen dort allerdings jeweils über ihre eigenen Belange entscheiden können.

Was kann das für die Hausärzte bedeuten?

Franke: Es reicht nicht, das Studium für den Hausarzt attraktiver zu machen und für den Hausarztberuf zu werben. Wir müssen es auch finanziell attraktiver machen, Hausarzt zu sein wie wir es mit dem Wegfall der Vergütungsbeschränkung bei der Hausarztzentrierten Versorgung gemacht haben.

Wenn wir die Honorartrennung jetzt politisch noch einmal unterstützen, dann tun wir das, um die Hausärzte zu stärken.

Solange es die Globalbudgets gibt, ist eine Trennung zwischen Haus- und Fachärzten schwierig, und die Beteiligten müssen sich untereinander einigen.

Franke: Wenn das nicht solidarisch geht, muss der Gesetzgeber den Rahmen setzen. Der Hausarzt muss im Vergleich zu gewissen Fachärzten in stärkerem Maße partizipieren. Da muss mehr Transparenz und Fairness ins System.

Eine größere Autonomie im KV-System wäre ein Signal an die Hausärzte. Wenn zu wenige Hausärzte und hausärztliche Internisten in die Versorgung gehen, sondern eher in versorgungsferne Tätigkeiten, dann bekommen wir eine ausreichende Versorgung nicht mehr hin. Das ist absehbar.

Es gibt doch aber gleichzeitig einen gegenläufigen Prozess. Nämlich Schnittstellen zu überwinden und auch die Kooperation zwischen Haus- und Fachärzten zu verstärken. Ist es dann noch zeitgemäß, eine organisatorische Trennung der Versorgungsebenen zu diktieren?

Franke: Die Selbstverwaltung hat jetzt die letzte Chance, das Verhältnis zwischen den Versorgungsebenen zu reparieren. Und wenn sie es nicht schafft, dann muss ein harter Schnitt folgen.

Vielleicht müssen wir an dieser Stelle noch konkreter werden. Aber das wird nicht zurückgeholt werden können. Da wird kein Jammern mehr helfen. Dafür ist der Streit zu weit eskaliert. Ich glaube, dass einige gar nicht wissen, dass es schon fünf vor zwölf ist.

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