Uniklinik Marburg

Stadtparlament will Erklärung

Setzt sich Hessens Ministerpräsident zu wenig für die Sorgen der Mitarbeiter am Uniklinikum ein? Stadtverordnete wollen Antworten.

Von Gesa Coordes Veröffentlicht:

MARBURG. Der Streit um das privatisierte Marburger Universitätsklinikum geht in die nächste Runde: Jetzt hat die Marburger Stadtverordnetenversammlung den hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier (CDU) dazu aufgefordert, direkt mit den Klinik-Mitarbeitern zu sprechen, um sich ein eigenes Bild von der Lage vor Ort zu machen.

Zudem soll das Land seinen Einfluss als Mitgesellschafter geltend machen, um die Arbeitsbedingungen in der Klinik zu verbessern.

Alle Marburger Stadtverordneten - auch die der CDU - zeigten sich in dem einstimmigen Beschluss "irritiert" über die erste Antwort Bouffiers auf den sogenannten Brandbrief der Beschäftigten.

Der Betriebsrat hatte einen Personalabbau beklagt, der "in Ausmaß und Form nicht mehr zu verantworten" sei - trotz steigender Patientenzahlen und mehr als 130.000 Überstunden.

Diese Vorwürfe wies Bouffier zurück. Peinlich dabei: Seine Antwort stimmte in weiten Teilen wortwörtlich mit der Stellungnahme des Uni-Klinikums überein. Das Marburger Stadtparlament formulierte deshalb: Es entstehe der Eindruck, dass Bouffier die Nöte der Beschäftigten nicht ausreichend würdige.

Druck auf Ärzte und Pflegekräfte steigt

Unterdessen fordert das zum Rhön-Konzern gehörende Uni-Klinikum einen "fairen Umgang" in der Debatte. So sagt Klinik-Sprecher Frank Steibli: "Man kann es drehen und wenden wie man will. Das Universitätsklinikum hat seit 2005 kontinuierlich Personal aufgebaut, insbesondere im ärztlichen und pflegerischen Bereich."

Dass es Überstunden gebe, sei unbestritten. Teilweise seien sie bei der Privatisierung übernommen worden, teilweise erst danach dazu gekommen. Aber "im ehrlichen Vergleich mit anderen Kliniken" seien es "moderate Zahlen", so Steibli.

Er weist zudem darauf hin, dass der Druck auf Ärzte und Pflegepersonal seit der Einführung des Fallpauschalensystems in allen deutschen Krankenhäusern steige.

Es sei ein Gebot der Redlichkeit, diese Fakten in der Debatte zu nennen und nicht dem privaten Betreiber zuzuschreiben. Dass die zunehmende Arbeitsverdichtung alle Universitätskliniken betrifft, betont auch der gesundheitspolitische Sprecher der CDU, Ralf-Norbert Bartelt.

Dagegen kritisiert die Initiative "Notruf 113", dass die Zahl der Überstunden tatsächlich noch viel höher sei. Zudem müssten die Mitarbeiter auch Investitionen des Konzerns erwirtschaften. Dies betreffe kein anderes Uniklinikum.

Bouffier lasse die Mitarbeiter "im Regen stehen", so die Initiative, in der sich auch niedergelassene Mediziner engagieren.

Rhön für Pläne kritisiert

Der private Krankenhausbetreiber Rhön war erst vor kurzem in die Kritik geraten, weil Pläne öffentlich wurden, nach denen Rhön die Arbeit der niedergelassenen Ärzte in der Region Marburg weitgehend übernehmen wollte.

Der Vorsitzende der Marburger Ärztegenossenschaft "Prima" bezeichnete dies als "Allmachtsfantasien" des Rhön-Aufsichtsratsvorsitzenden Eugen Münch.

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