Bundestag

Klinikreform soll 6300 neue Pflege-Stellen bescheren

Personalnot auf den Stationen, Überkapazitäten, ausbleibende Investitionsmittel: Die Probleme der Kliniken standen im Mittelpunkt der ersten Lesung des Krankenhausstrukturgesetzes im Bundestag.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Gesundheitsminister Gröhe am Donnerstag im Bundestag.

Gesundheitsminister Gröhe am Donnerstag im Bundestag.

© Kumm / dpa

BERLIN. Um das geplante Pflegestellenprogramm, die Investitionsfinanzierung und die Bedarfsplanung kreisten die Beiträge der Abgeordneten bei der ersten Lesung des Krankenhausstrukturgesetzes im Bundestag.

Um der Arbeitsverdichtung in den Krankenhäusern etwas entgegenzusetzen, legt die Koalition ein 660 Millionen Euro schweres Pflegestellenprogramm auf.

Damit sollen mehr als 6300 neue Stellen in den rund 2000 Krankenhäusern geschaffen werden, sagte Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU).

Schon nach der Sommerpause, also vor Inkrafttreten des Gesetzes, soll eine Expertenkommission mit Untersuchungen dazu beginnen, ob die stationäre Pflege in den Fallpauschalen sachgerecht abgebildet sei, kündigte der Minister an.

Abhängig von den Ergebnissen der Fachleute, die bis Ende 2017 vorliegen sollen, könnte auch eine Lösung außerhalb der DRGs gesucht werden.

"Mehr Geld lösen Grundproblem nicht"

"Schlechter geht es kaum", wetterte der gesundheitspolitische Sprecher der Linken, Harald Weinberg. Es müsse sofort ein gesetzlicher Personalschlüssel in den Krankenhäusern eingeführt werden.

Laut der Gewerkschaft Verdi fehlten derzeit 70.000 Pflegekräfte auf den Stationen.

"Mehr Geld und mehr Stellen lösen das Grundproblem nicht", sagte Jens Spahn (CDU) in seinem letzten Auftritt als gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Spahn wechselt als Staatssekretär ins Finanzministerium.

Es gehe um die Bereitschaft, Strukturen zu verändern. Dazu gehöre auch der Mut, kleine Häuser überwiegend in Ballungszentren zu schließen. Außerdem müsse die Indikationsqualität stärker in den Blick genommen werden. Weniger Häuser und weniger Mengen könnten durchaus auch zur Entspannung der Personalsituation beitragen.

Den tatsächlichen Bedarf nicht aus den Augen zu verlieren, mahnte Professor Karl Lauterbach an. "Wir können kein Interesse an teuren, leerstehenden Betten haben", sagte der SPD-Fraktionsvize.

Die Planung müsse sich auf den medizinischen Bedarf konzentrieren. Für Ideologie sei da kein Platz, sagte Lauterbach wohl auch mit Blick auf den linken Flügel der eigenen Partei.

Einen deutlichen Akzent auf die sektorenübergreifende Bedarfsplanung zu setzen, forderte Dr. Harald Terpe von den Grünen. Im Gesetzentwurf stehe dazu aber nichts.

Er vermisse zudem Vorschläge zur Investitionsfinanzierung der Krankenhäuser.

Kliniken und Kassen nicht zufrieden

Bei der Investitionsfinanzierung seien die Länder in der Pflicht und müssten das auch bleiben, sagte Dr. Georg Nüßlein (CSU).

Nüßlein kündigte eine Diskussion über die Medizinischen Dienste an, die bei der Qualitätsbewertung mitwirken sollen. "Wir müssen überlegen, ob die MDK die richtigen Institutionen sind, um die Qualität zu überprüfen", sagte Nüßlein.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) protestierte per Pressemitteilung gegen den Gesetzentwurf. Die Reform löse das Problem der jährlichen Unterfinanzierung von drei Milliarden Euro der Investitionsfinanzierung nicht, hieß es darin.

Auch die Kassen sind nicht zufrieden. Die ausbleibende Investitionsfinanzierung durch die Länder sei eine "Bankrotterklärung der föderalen Strukturen im Krankenhausbereich" sagte IKK-Verbandschef Hans-Jürgen Müller.

Beim Verband der Ersatzkassen fürchtet man eine Kostenexplosion durch die geplante Reform. "Wir gehen davon aus, dass die Klinikreform statt 5,4 Milliarden Euro bis zum Jahr 2020 weit über acht Milliarden kosten wird", sagte vdek-Chefin Ulrike Elsner.

Diese Kosten müssten alleine die Versicherten über Zusatzbeiträge bezahlen.

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