Nach der Geburt

Viele bleiben allein

Wenn Kinder in sozial schwachen Verhältnissen auf die Welt kommen, sind spezielle Angebote für die oft jungen Eltern essenziell. Doch ein Report macht nun deutlich, dass "Frühe Hilfen" zwar existieren - ihre Zielgruppe aber oft nicht erreichen.

Von Susanne Werner Veröffentlicht:
Die Familienhebamme Stefanie Eilers (r.) unterstützt eine junge Mutter bei der Versorgung ihres Säuglings.

Die Familienhebamme Stefanie Eilers (r.) unterstützt eine junge Mutter bei der Versorgung ihres Säuglings.

© Hollemann/dpa

BERLIN. Die "Frühen Hilfen" haben sich in vielen Kommunen etabliert. In 97,5 Prozent der Städte und Landkreise, so heißt es im aktuellen Datenreport des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen (NZFH), sind entsprechende Netzwerke aufgebaut.

Mit dem Titel "Frühe Hilfen" werden Netzwerke bezeichnet, in denen Fachkräfte und Institutionen des Gesundheitswesens, der Kinder- und Jugendhilfe und weiterer Sozialleistungssysteme zusammenarbeiten. Übergeordnetes Ziel des NZFH ist es, Kinder durch eine möglichst wirksame Vernetzung von Hilfen früher und besser vor Gefährdungen zu schützen.

Dafür sollen werdende Eltern und ihre Kinder bis zu drei Jahren frühzeitig erreicht und bei Bedarf umfassend unterstützt werden. Während die Träger der öffentlichen Jugendhilfe in den Kommunen zur Kooperation verpflichtet sind, sei es für die Akteure aus dem Gesundheitswesen eine freiwillige Aufgabe, daran mitzuwirken, sagt NZFH-Leiterin Mechthild Paul. Das erschwere mitunter deren Einbindung.

Jede fünfte Meldung von Ärzten

Die Bedeutung der niedergelassenen Ärzte zeigt sich bislang insbesondere an der Schnittstelle zum institutionellen Kinderschutz. Etwa jede fünfte Meldung über ein gefährdetes Kind unter drei Jahren stammt aus dem Gesundheitswesen. Ärzte, Hebammen und weitere Institutionen des Gesundheitswesens, so heißt es im Bericht, leisten oftmals entscheidende Beiträge dazu, "dass Unterstützungsbedarfe aufgezeigt und Kindeswohlgefährdungen identifiziert werden".

In die präventiven Netzwerke aber sind die Berufsgruppen aus dem Gesundheitswesen unterschiedlich intensiv eingebunden: Zum Kern gehören häufig Familienhebammen, die zusätzlich qualifiziert sind und Mütter auch längerfristig unterstützen können. Sie zählen in rund 80 Prozent der Netzwerke zum festen Stamm.

Mit Kinderärzten wird in 66,1 Prozent, mit niedergelassenen Hebammen in 64,7 Prozent der Netzwerke fallübergreifend kooperiert. Geburtskliniken sind darin zu 62,2 Prozent, Kinderkliniken zu 49,2 Prozent vertreten. Vollständig fehlen laut Bericht jedoch Gesundheitsdienste, die sich mit psychischen und psychiatrischen Erkrankungen befassen.

Bildungsgrad ausschlaggebend

Laut Datenreport ist vielfach der jeweilige Bildungsgrad ausschlaggebend, ob Mütter und Väter die Angebote der Frühen Hilfen kennen und nutzen. So gaben 90 Prozent der hochgebildeten Eltern an, die Elternkurse zu kennen, unter den Niedriggebildeten waren es nur 58 Prozent.

Auch wird die Hebammenhilfe vor und nach der Geburt, die es als Kassenleistung gibt, doppelt so häufig von hoch- wie von niedriggebildeten Familien in Anspruch genommen. Medizinische Angebote, Sport- und Freizeit- und Gruppenangebote werden sogar sechs Mal häufiger von höher gebildeten als von niedriggebildeten Familien angenommen.

Auch sind die Höhergebildeten besser über Stadtteilzentren oder Eltern-Kind-Gruppen informiert und nutzen diese häufiger. Willkommensbesuche, ehrenamtliche Unterstützung und Familienhebammen sind hingegen Müttern und Vätern mit niedrigen Bildungsgraden eher bekannt.

Eine große Lücke in der Versorgung vermuten die Experten beim Thema Schreibabys. Während internationale Studien davon ausgehen, dass etwa 20 Prozent der Familien unterstützt werden müssten, liegt die Inanspruchnahme jedoch nur bei ein bis zwei Prozent.

 

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