Stiftung Gesundheitswissen

Heftiger Personalkrach

Hat die neu gegründete "Stiftung Gesundheitswissen" eine zu große Nähe zum Verband der Privaten Krankenversicherung? Bislang Beteiligte sagen ja und haben ihre Ämter niedergelegt. Der Stiftungsratsvorsitzende hält Kritik für unbegründet.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Internetrecherche: Ziel der Stiftung: evidenzbasierte, aber verständliche Information.

Internetrecherche: Ziel der Stiftung: evidenzbasierte, aber verständliche Information.

© adiruch na chiangmai/Fotolia.com

KÖLN. Personalquerelen bei der "Stiftung Gesundheitswissen": Nach einem Wechsel an der Spitze des Vorstands ist der wissenschaftliche Beirat zurückgetreten, ebenso der stellvertretende Vorsitzende des Stiftungsrates, der Präsident der Ärztekammer Berlin Dr. Günther Jonitz. Sie werfen der Stiftung eine zu große Nähe zum Verband der privaten Krankenversicherung (PKV) vor.

Das weist der Vorsitzende des Stiftungsrates, der ehemalige GBA-Vorsitzende Dr. Rainer Hess, zurück. "Die Stiftung ist unabhängig, und daran wird sich auch nichts ändern."

"Auf die Ergebnisse kommt es an"

Die Stiftung Gesundheitswissen ist im vergangenen Jahr vom PKV-Verband initiiert worden, um unabhängige wissenschaftliche Patienteninformationen herauszugeben. Zur Vorstandsvorsitzenden wurde im September 2015 Dr. Odette Wegwarth berufen, die zuvor am Harding Zentrum für Risikokompetenz am Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin tätig war. Wegwarth stellte sich einen wissenschaftlichen Beirat unter Vorsitz von Professor Gerd Gigerenzer, Direktor des Harding Zentrums, zusammen. Zu den Mitgliedern gehörte auch Professor Ingrid Mühlhauser, die Vorsitzende des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin.

Offenbar hatten Wegwarth und der PKV-Verband unterschiedliche Vorstellungen über den Aufbau und die Arbeit der Stiftung. Deshalb beendete die Wissenschaftlerin nach offizieller Lesart "aus persönlichen Gründen" ihre Vorstandstätigkeit. Ihr Nachfolger ist der Arzt Dr. Ralf Suhr, der auch Vorsitzender der PKV-Stiftung "Zentrum für Qualität in der Pflege" ist.

Diese Neubesetzung gefiel dem Beirat offensichtlich nicht. In der "Süddeutschen Zeitung" kritisierte Gigerenzer, dass jetzt der komplette Vorstand aus dem PKV-Bereich stamme. Ihm gehören außer Suhr der Vorsitzende der Süddeutschen Krankenversicherung Dr. Ralf Kantak und der Geschäftsführer des PKV-Verbands Dr. Timm Genett an. Die Stiftung könne jetzt nicht mehr unabhängig arbeiten, fürchtet Gigerenzer. Auch die notwendige wissenschaftliche Expertise kann er nicht mehr erkennen.

Das hält der Stiftungsratsvorsitzende Hess für unbegründet. "Ich muss dem Eindruck widersprechen, dass die Stiftung abhängig von der PKV ist", sagt der ehemalige Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses der "Ärzte Zeitung". Die Stiftung werde eine qualifizierte wissenschaftliche Leitung berufen.

Hess verweist darauf, dass die Stiftung bislang noch keine Patienteninformation veröffentlicht hat. "Man wird unsere Unabhängigkeit an den Ergebnissen messen müssen." Nach seinen Angaben wird die Stiftung im Oktober bei einem Expertengespräch ihr überarbeitetes Methodenpapier zur Bewertung vorlegen.

Die vom ehemaligen wissenschaftlichen Beirat offenbar befürchtete Abkehr von den Prinzipien der evidenzbasierten Medizin wird es nicht geben, betont Hess. "Die evidenzbasierte Medizin ist unsere Basis und wird es auch bleiben."

Ziel: Verständliche Information

Mit ihrem Angebot will die Stiftung Gesundheitswissen nicht in Konkurrenz mit anderen Institutionen wie dem IQWiG treten, die Gesundheitsinformationen veröffentlichen. Man habe einen anderen Ansatz und werde andere Medien und Darstellungsformen nutzen, erläutert Hess. Im Mittelpunkt stünden allgemeinverständliche Informationen. "Wir haben den Anspruch, die Bevölkerung wahrheitsgemäß auf wissenschaftlicher Grundlage verständlich zu informieren."

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