Stiftung Männergesundheit

Potenzstörungen sind oft Indiz für andere schwere Krankheiten

Potenzstörungen sind wichtige Marker für Grunderkrankungen bei Männern. Auf diesen Zusammenhang weist der am Mittwoch vorgelegte dritte Bericht der Stiftung Männergesundheit hin.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Hausärzte sollten Potenzstörungen in der Sprechstunde zum Thema machen, weil dahinter sicher ernste Erkrankungen verbergen können.

Hausärzte sollten Potenzstörungen in der Sprechstunde zum Thema machen, weil dahinter sicher ernste Erkrankungen verbergen können.

© Markus Bormann / Fotolia

BERLIN. Jeder vierte Mann mit dem Primärsymptom erektile Dysfunktion leidet unter einem noch unerkannten Diabetes mellitus, sogar jeder dritte weist eine relevante unerkannte Koronarstenose auf. Erektionsstörungen seien daher Frühmarker endothelialer Erkrankungen, sozusagen die "Wünschelrute" zum Erkennen von Krankheiten, wie es Professor Theodor Klotz, Urologe in Weiden in der Oberpfalz und Ko-Autor des Berichts formuliert.

Männer bräuchten ein niederschwelliges Angebot, um darüber zu sprechen. "Am besten ist, der Hausarzt fragt beiläufig nach der Sexualität und dem Erektionsvermögen", sagte Klotz am Mittwoch der "Ärzte Zeitung". Dafür böten sich zum Beispiel die alle zwei Jahre vorgesehenen Vorsorgeuntersuchungen an.

Potenz: Thema für Check up

Für Klotz ist die Enttabuisierung von Potenzschwäche und ihre Therapien ein wesentlicher Beitrag zu einem freieren Arzt-Patienten-Gespräch. Vor allem Männer zwischen 50 und 70 Jahren mit Risikofaktoren einer vaskulären Degeneration ständen Lebensstiländerungen eher zurückhaltend gegenüber. Das Gespräch mit dem Arzt über dieses Symptom könne daher als Vehikel dienen, um die kardiovaskuläre Situation abzuklären und präventive Lebensstiländerungen einzuleiten. Aber: "Es müssen nicht alle Männer mit Potenzstörungen behandelt werden", sagt Klotz. Bei älteren Männern ohne Leidensdruck sei dies nicht angezeigt.

Von Viagra schwärmt der Urologe. Das Medikament habe ähnlich wie die Verhütungspille in den 60er-Jahren bei Frauen Ende der 90er-Jahre den Blick geöffnet für sexuelle Störungen bei Männern. Zuvor seien betroffene Männer meist auf psychotherapeutische Angebote verwiesen worden. Rein psychogene Ursachen für Potenzschwäche seien aber eher selten.

Ursachen für Potenzstörungen seien vor allem organisch-degenerative Veränderungen wie Arteriosklerose, Bluthochdruck, Diabetes und COPD. Im Schnitt ist jeder fünfte über 30-jährige Mann von ED betroffen, stark steigend in höheren Altersstufen.

Der Männergesundheitsbericht erscheint seit 2010 zum dritten Mal. Er beleuchtet erstmals medizinische und sozialwissenschaftliche Facetten der männlichen Sexualität gleichermaßen. Dabei verfolgt er die Sexualität über alle Lebensphasen vom Säugling bis zum Greis. Wichtig sei, dass der Bericht Sexualität als Bestandteil der Gesundheit betrachte, sagt Ko-Autorin Professor Doris Bardehle, Sozialmedizinerin und im Beirat der Stiftung Männergesundheit. Sexuelle Gesundheit bedeute nicht nur die Abwesenheit von krankheitsbedingten sexuellen Störungen oder von sexuell übertragbaren Infektionen.

Nachholbedarf in der Forschung

Die Stiftung Männergesundheit hält daher den Bericht für eine auch international einmalige Kompilation. "Dieser fachübergreifende Männergesundheitsbericht bietet eine umfassende, neue Sicht auf die Sexualität als Bestandteil der Gesundheit", wertet der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse Thomas Ballast das Werk. Sein Verdienst sei unter anderem, Forschungslücken aufzuzeigen. Zudem bestehe immenser Nachholbedarf beim Aufbau sexualwissenschaftlicher Studiengänge, so die Autoren.

Gut ausgebildete Sexualwissenschaftler könnten dazu beitragen, Grenzverletzungen und sexualisierter Gewalt vorzubeugen, die sexuelle Selbstbestimmung zu unterstützen und Gesundheit zu fördern, sagt Bardehle. Bislang sei die Hochschule in Merseburg die einzige, die einen konsekutiven sexualwissenschaftlichen Studiengang anbiete.

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