Biografie

Jens Spahn – Kanzler, oder was?

Mit 38 Jahren hat Gesundheitsminister Jens Spahn bereits einen Biografen. Bei der Vorstellung des Buches in Berlin wirkt es, als rechneten viele schon mit Teil 2 der Lebensgeschichte. Der Akteur selbst macht derweil den Trippelschritt.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Große Freude über Teil 1 der Lebensgeschichte von Gesundheitsminister Spahn: Michael Bröcker, Autor und Chefredakteur der „Rheinischen Post“, Jens Spahn (CDU),und Dietmar Bartsch, Fraktionschef der Linken (v.l.n.r.).

Große Freude über Teil 1 der Lebensgeschichte von Gesundheitsminister Spahn: Michael Bröcker, Autor und Chefredakteur der „Rheinischen Post“, Jens Spahn (CDU),und Dietmar Bartsch, Fraktionschef der Linken (v.l.n.r.).

© dpa

BERLIN. Er lässt ihn sich nicht entlocken, den einen entscheidenden Satz. Die Journalisten drechseln ihre Fragen immer kunstvoller, eine Kollegin der Deutschen Welle zwingt ihn sogar dazu, auf englisch zu antworten. Doch Aussagen wie "Ja, ich will Kanzler werden! Ich will Angela Merkel im Amt beerben" trifft Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nicht.

Es ist Montagmittag, die Republik rätselt noch, wie die schwächelnde Kanzlerin und der nervöse Innenminister Horst Seehofer (CSU) mit Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen umgehen werden. Im Haus der Stiftung Familienunternehmen am Pariser Platz in Berlin stellt der Herder Verlag das Buch "Jens Spahn. Die Biografie" vor. Geschrieben hat es der Chefredakteur der "Rheinischen Post" Michael Bröcker, 41 Jahre alt und wie Spahn aus dem Münsterland.

Spahn geht "extrem auf Mut"

Wie lesenswert ist eigentlich das Leben eines 38-jährigen CDU-Politikers aus der tiefen westfälischen Provinz? Die Zahl der Fernsehkameras, der Kameras und der Journalisten der schreibenden Zunft, die längst nicht alle Sitzplätze ergattern können, gibt eine Antwort: Offenbar sehr. "Aus verlegerischer Hinsicht hochinteressant", findet ein Verlagssprecher die Biografie.

Nachdem Katholik Spahn im erzkatholischen Verlag Herder bereits 2015 als Herausgeber das Buch "Ins Offene" zu den seither offenen Flüchtlingsfragen publiziert hat, dem 2016 als Mit-Autor das Statement zur digitalen Medizin "App vom Arzt" folgte, beide gut verkauft, ist das wirtschaftliche Interesse an einem Buch über Jens Spahn verständlich.

Zumal der Mann polarisiert und keinem politischen Händel ausweicht, wenn er ihn denn für nötig hält. 2008 legt er sich mit den Rentnern an, was ihm Todesdrohungen einbringt. Spahn übersteht die Anfeindungen der mächtigen CDU-Wählergruppe.

2013 rechnet er damit, Gesundheitsminister zu werden. Tatsächlich wird es Hermann Gröhe (CDU). Spahns Konter kommt prompt. Mit einer Kampfkandidatur verhindert er Gröhes Einzug ins Präsidium der CDU. Dort sitzt seither Spahn selbst.

Bröcker arbeitet hier ein Muster im politischen Handeln des Gesundheitsministers heraus. Ausgerechnet der Vorsitzende der Fraktion Die Linke im Bundestag, Dietmar Bartsch, ist eingeladen, das Buch öffentlich zu besprechen. Er geht auf dieses Muster wie folgt ein. "Spahn geht extrem auf Mut, wenig auf Sicherheit", sagt Bartsch.

Seine Fähigkeit, Geduld zu üben, sei nur schwach ausgeprägt. Für Spahn gelte die Redensart "Das Amt muss zur Person kommen!" nicht. Er habe bereit mehrfach gezeigt, dass er erfolgreich von sich aus auf Ämter zugehen könne.

Amt münzte öffentliches Bild um

Dass Spahn schwul ist und sich in einer christlich-konservativen Partei durchsetzt, weist auf seine Fähigkeiten, aber auch auf die der Partei hin. Das Amt des Gesundheitsministers hat Spahns öffentliches Auftreten verändert. Wo ihm vorher soziale Kälte vorgeworfen worden ist, ist nun auch soziale Verbindlichkeit. Als einziger Sozialminister der Union in der Koalition bleibt dem jungen Konservativen kaum etwas anderes übrig.

Respekt zollt Bartsch dem politischen Gegner man duzt sich gleichwohl auf jeden Fall. Bei aller politischen Ferne zu Spahn, der für die Linke ein "geborenes Feindbild" abgebe, wisse er, dass dem das "Konzept Gnadenlosigkeit" fremd sei, sagt Bartsch. Nach dem Streit in der Sache könne man weiter miteinander reden.

Für Bartsch ist Spahn besser nicht der kommende Kanzler. Wichtig sei ihm aber, dass die Union wieder ihre Rolle als konservative Kraft einnähme, damit die Linken daran ihre Konturen schärfen könnten.

Also doch Spahn im Kanzleramt? Der Angesprochene weicht aus bei der Vorstellung der eigenen Biografie "ein komisches Gefühl". "Wenn man etwas verändern will, braucht es das Vermögen dazu", sagt er. Das könne man auch Macht nennen. Ja, er wolle gestalten, sagt Spahn. Im Augenblick beziehe sich dieser Wille aber in erster Linie auf das Gesundheitswesen.

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