Suchtmedizin

Saarlandische Schwerpunktpraxis für Substitution

Die Suchthilfe im Saarland soll weiterentwickelt werden – Experten empfehlen eine Substitutions-Schwerpunktpraxis in Saarbrücken. Eine besondere Problemgruppe sind Ältere.

Andreas KindelVon Andreas Kindel Veröffentlicht:
In einer Arztpraxis nimmt eine Patientin ihre Tagesdosis Methadon ein.

In einer Arztpraxis nimmt eine Patientin ihre Tagesdosis Methadon ein.

© Uli Deck

SAARBRÜCKEN. Experten haben empfohlen, die Suchthilfe-Angebote im Saarland stärker zu bündeln. Auch auf Substitutionsärzte könnte Neues zukommen: Im Gespräch ist eine Substitutions-Schwerpunktpraxis in Saarbrücken.

Diese Vorschläge stehen in einem Gutachten des Münchner Instituts für Therapieforschung (IFT), das am vergangenen Mittwoch Vertretern aus Sozial- und Gesundheitswesen in Saarbrücken vorgestellt wurde. Auftraggeber der Studie ist das saarländische Gesundheitsministerium, das die Suchthilfe im Land weiterentwickeln will.

Ein wichtiger Vorschlag in dem Gutachten: Die Schaffung eines zentralen Beratungs- und Behandlungszentrums in Saarbrücken. Dabei geht es nicht unbedingt um einen Neubau. Den Gutachtern schwebt vielmehr ein Verbund vor, in dem die bisherigen Träger der Suchthilfe stärker zusammenarbeiten.

Das neue „Zentrum“ könne zum Beispiel Erstberatungen ohne Termine anbieten und sich um ambulante Rehabilitation, psychotherapeutische Angebote und ärztliche Versorgung kümmern.

Mangel an Substitutionsärzten

„Die Menschen brauchen fachliche Versorgung auf allen Ebenen“, sagte IFT-Geschäftsführer Dr. Tim Pfeiffer-Gerschel. Das neue „Zentrum“ könne auch dafür sorgen, dass Patienten bei der Weitervermittlung und Weiterbehandlung von Stelle zu Stelle nicht mehr „verloren gehen“.

Die Gutachter regen auch die Schaffung einer Schwerpunkt-Substitutionspraxis in Saarbrücken an. „Auch die Substitutionsärzte werden älter“, sagte Pfeiffer-Gerschel. In Bayern gebe es schon jetzt Versorgungslücken. Eine Schwerpunktpraxis in Saarbrücken, zum Beispiel mit Ärzten im rotierenden Einsatz“, wäre eine Möglichkeit, die Substitution sicherzustellen.

Um die rund 800 Substitutions-Patienten im Saarland kümmern sich derzeit 13 niedergelassene Substitutions-Ärzte – mehr als die Hälfte von ihnen in Saarbrücken. „Die Altersproblematik ist aber nicht so dramatisch“, erläuterte der stellvertretende Vorsitzende der KV Saarland, Dr. Joachim Meiser.

Schwerpunktpraxis nur ergänzend

Für die Kollegen, die in Rente gehen, habe man teils Nachfolger gefunden, teils bemühe man sich noch um eine Lösung. Eine neue Schwerpunktpraxis in Saarbrücken kann sich Meiser vorstellen – allerdings nur als Ergänzung zu den bestehenden Substitutionspraxen.

Die Saarbrücker Substitutionsärztin Béatrice Gospodinov verwies auf Probleme bei der psychotherapeutischen Versorgung von Suchtkranken. „Wir haben sehr viele Patienten, die eine Psychotherapie brauchen, aber nicht angenommen werden“, berichtete die Allgemeinmedizinerin. „Sie brauchen nur das Wort ‚Sucht‘ zu erwähnen“.

Weitere Vorschläge der Münchner Gutachter für die Suchthilfe im Saarland: die Selbsthilfe stärken, „Streetwork“ ausbauen und mehr Angebote für Frauen und Familien schaffen. Hilfreich sei zum Beispiel ein trägerübergreifendes Konzept, an dem neben Sucht-, Erziehungs- und Jugendhilfe auch Neonatologie und Gynäkologie einbezogen werden.

Zahlreiche Vertreter aus Sozial- und Gesundheitswesen verwiesen außerdem auf Probleme bei der Versorgung älterer Suchtkranker. „Das ist ein dickes Problem“, meinte zum Beispiel eine Vertreterin der Diakonie. „Wir suchen Wohnraum für ältere Suchtkranke“.

Die Sozialdezernentin des Landkreises Neunkirchen, Birgit Mohns-Welsch pflichtete bei: „Im Saarland gibt es derzeit kein Wohnangebot für ältere Suchtkranke“. Kämen sie aus der Klinik und könnten nicht allein bleiben, gäbe es keine andere Möglichkeit als das Pflegeheim. Die Sozialdezernentin: „Das Problem ist bekannt, aber es gibt keine Lösung“.

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