Kosten-Nutzen-Bewertung - auf Sparflamme mit Wasser kochen!

BERLIN. Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Medizin zu fördern, hatten sich die Gesundheitsreformer 2003 versprochen. Doch der Methodenstreit um die Kosten-Nutzen-Bewertung für Arzneimittel zeigt, dass die zentrale und wissenschaftliche Ableitung einer rationalen Mittelverteilung für die Medizin eine Illusion ist.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:

Wie weit Hoffnungen und Erwartungen einerseits und die realen Möglichkeiten wissenschaftlich fundierter Allokationsentscheidungen auseinanderliegen, zeigte eine Diskussion zur Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln bei einem Symposion, zu dem das Wissenschaftliche Institut der Techniker Krankenkasse, der Arzneimittelhersteller Abbott, der Berufsverband der Sozialversicherungsmediziner und die Arbeitsgemeinschaft Zukunft des Gesundheitswesens eingeladen hatten.

Es gibt eine extreme Diskrepanz zwischen Erwartung und Realität.

Bundestagsabgeordnete wie Eike Hovermann von der SPD versuchen, ihre Kollegen auf absehbar notwendige Rationierungsentscheidungen einzustimmen. Hilfe vom Bundesausschuss und vom IQWiG werden sie nicht erwarten dürfen. Denn die Kosten-Nutzen-Bewertung, das schärfste Instrument für eine scheinbar rationale Mittelverwendung im Gesundheitswesen, bezieht sich nur auf ein ganz schmales Segment der Medizin: auf eine kleine Auswahl neu zugelassener Arzneimittel. Dazu GBA-Chef Dr. Rainer Hess: "Es gibt eine extreme Diskrepanz zwischen Erwartung und Wirklichkeit." Die Kosten-Nutzen-Bewertung sei nur ein "ganz schmaler Steg" - jedenfalls kein globaler Rahmen zur Entscheidung über die Mittelverwendung im Gesundheitswesen.

Und auch dieser Weg ist höchst umstritten, zumindest so, wie ihn das IQWiG beschreitet. Die führenden deutschen Gesundheitsökonomen warnen sehr grundsätzlich vor der Methodik, die das IQWiG sich als deutschen Sonderweg gebastelt hat. Dagegen hält der Chef-Gesundheitsökonom des Instituts, Dr. Peter Kolominsky-Rabas, das sei "Kritik aus einem Elfenbeinturm", höchst theoretisch und für die deutsche Wirklichkeit nicht brauchbar. Was deutsche Wirklichkeit sein soll, hat der Gesetzgeber festgelegt: Dabei gehe es, so Kolominsky-Rabas, immer um die konkrete Bewertung eines Arzneimittels in einer Indikation und nicht um eine indikationsübergreifende Bewertung, wie dies die Gesundheitsökonomen fordern. "Wir müssen einen konkreten, realistischen Weg gehen."

Für die Industrie könnte das ein neues negatives Signal sein, wie Wulff Erik von Borcke von Abbott sagte: Deutschland könne einen wichtigen Standortvorteil verlieren, nämlich die Erstattung eines Arzneimittels unmittelbar nach seiner Zulassung. Eine zusätzliche Hürde für Innovationen könne sich bei Entscheidungen über Investitionen in Forschungs- und Produktionsstandorte negativ auswirken.

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