Nutzenbewertung

Gliptine fallen alle durch

Für keines der Gliptine sieht die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft einen Zusatznutzen. So die Stellungnahme zur Nutzenbewertung beim GBA.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Gliptine unter die Lupe: Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft fällte ein harsches Urteil.

Gliptine unter die Lupe: Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft fällte ein harsches Urteil.

© Schlierner / fotolia.com

BERLIN. Zu einem harschen Urteil über den Nutzen der Gliptine kommt die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft im Rahmen des Stellungnahmeverfahrens zur Nutzenbewertung beim Gemeinsamen Bundesausschuss: Keines der bewerteten Gliptine weist demnach einen Zusatznutzen auf; dem stehe ein erhöhtes Schadenspotenzial gegenüber.

Ende Juni hatte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) entsprechend einem Auftrag des Bundesausschusses seine gutachterliche Empfehlung im Rahmen der ersten Nutzenbewertung für den Bestandsmarkt ausgesprochen.

Danach hat das IQWiG keine Belege für einen Zusatznutzen von Saxagliptin und Vildagliptin zu den vom GBA vorgegebenen Vergleichstherapien gesehen.

Erheblicher Zusatznutzen für Sitagliptin

Für Sitagliptin in der Kombination mit Metformin erkannte das IQWiG bei der Behandlung von Männern im Vergleich zu dem in Deutschland nicht zugelassenen Glipizid einen erheblichen Zusatznutzen; bei der Behandlung von Frauen sei der Zusatznutzen nicht quantifizierbar.

In ihrer Stellungnahme für den Bundesausschuss wertet die Arzneimittelkommission der Ärzteschaft dies anders: Für Glipizid existieren keine Endpunktstudien.

Der Wirkstoff sei außerdem seit 2007 nicht mehr in Deutschland zugelassen. Die Arzneimittelkommission hält Glipizid daher nicht für eine zweckmäßige Vergleichstherapie.

Ausführlich setzt sich die Kommission mit dem Schadenspotenzial der Gliptine auseinander. Sie stimmt zwar dem IQWiG zu, dass dies am besten durch randomisierte kontrollierte klinische Studien beurteilt werden könne, die Methode stoße aber bei der frühen Nutzenbewertung insbesondere auch im Bestandsmarkt an ihre Grenzen.

Denn bei diesem Vorgehen würden schwerwiegende seltene und mit Latenz auftretende Nebenwirkungen nicht erkannt und somit auch nicht in die Nutzenbewertung einbezogen.

Schwere Nebenwirkungen unterschätzt

Aus den nationalen und internationalen Datenbanken der Spontanmeldesysteme und aus Fall-Kontrollstudien seien aber bei allen Gliptinen schwere Nebenwirkungen wie Pankreatitis und Pankreaskarzinom bekannt. Auf Veranlassung der Zulassungsbehörden seien die Risiken als Warnhinweise in den Produktinformationen aufgenommen worden.

Vorliegende RCT wiesen zu geringe Fallzahlen und eine zu geringe Studiendauer auf, um das bestehende Risiko zu erfassen.

Das führe dazu, dass trotz erheblichen Schweregrades der Nebenwirkungen an sich bekannte schwerwiegende Risiken keine Berücksichtigung in der Nutzenbewertung fänden. Dies ist aber unter dem Aspekt des vorsorgenden Patientenschutzes aus Sicht der Arzneimittelkommission "dringend erforderlich".

Die Zuständigkeit für die Nutzen-Risiko-Bewertung liege bei den Zulassungsbehörden, teilte das Unternehmen MSD, Hersteller von Sitagliptin, auf Anfrage der "Ärzte Zeitung" mit. Die Zulassungsbehörden stützten sich neben den randomisierten klinischen Studien auf weitere Datenquellen wie präklinische Studien, Spontanmeldungen von Nebenwirkungen und Studien aus dem Versorgungsalltag.

Neue Daten zur Arzneimittelsicherheit würden kontinuierlich an die Behörden weitergeleitet, versichert MSD. Diese Daten seien auch Bestandteil des Sitagliptin-Dossiers gewesen und flössen in die Nutzenbewertung ein.

Mehr zum Thema

Ausblick

Pharmaindustrie erwartet wieder Wachstum

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Aktuelle Forschung

Das sind die Themen beim Deutschen Parkinsonkongress

Lesetipps
Die Empfehlungen zur Erstlinientherapie eines Pankreaskarzinoms wurden um den Wirkstoff NALIRIFOX erweitert.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert