Klarheit für Ärzte

Liste mit Austauschverboten kommt

Über Monate hinweg saßen Apotheker und Kassenvertreter im Schützengraben. Streitgrund war eine Liste mit Medikamenten, die nicht gegen ein Rabattpräparat ausgetauscht werden dürfen. Jetzt hat Schiedsstellen-Leiter Rainer Hess konsensfähige Kriterien für die Verbotsliste vorgelegt.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Aut-idem angekreuzt: Dann ist kein Austausch erlaubt.

Aut-idem angekreuzt: Dann ist kein Austausch erlaubt.

© Schilddrüsen-Initiative Papillon

BERLIN. Für verordnende Ärzte wird jetzt schrittweise Klarheit geschaffen, welche Wirkstoffe vom Apotheker nicht gegen ein Rabattpräparat ausgetauscht werden dürfen.

Deutscher Apothekerverband (DAV) und der GKV-Spitzenverband haben dazu einem entsprechenden Beschluss der Schiedsstelle unter Leitung des früheren GBA-Chefs Dr. Rainer Hess zugestimmt.

Bislang sind lediglich zwei Medikamente auf der Liste: Das Immunsuppressivum Ciclosporin und das Antiepileptikum Phenytoin. Die Schiedsstelle hat Kriterien festgelegt, anhand derer nun die Aufnahme weiterer Wirkstoffe geprüft werden soll.

Dabei kann auch auf die Unterstützung von Gutachtern zurückgegriffen werden. Das Austauschverbot für die beiden Substanzen gilt ab dem 1. April 2014.

In dem Beschluss der Schiedsstelle vom 7. Januar werden unter anderem folgende Kriterien angeführt, die als Beratungsgrundlage für die Aufnahme von Arzneimitteln in die Liste sprechen:

- Die Häufigkeit, mit der Ärzte ein Austauschverbot durch Ankreuzen des Aut-idem-Felds festlegen.

- Die Häufigkeit, mit der Apotheker die Abgabe eines Rabatt-Präparats wegen einer "erheblichen Gesundheitsgefährdung des Patienten" ablehnen.

- Die geringe therapeutische Breite des Wirkstoffs nach Maßgabe der Kriterien der "Critical Dose Drug" (CDD).

- Ein nach Arzneimittelzulassung und Fachinformation erforderliches Drug-Monitoring bei Umstellung auf ein anderes wirkstoffgleiches Arzneimittel.

Eingeschränkte Compliance ist kein Kriterium

Dagegen wird ausdrücklich festgehalten, dass eine eingeschränkte Compliance des Patienten nicht die Aufnahme eines Wirkstoffs in die Aut-idem-Liste rechtfertigt.

Warnend heißt es zudem, das Austauschverbot "beeinträchtigt nicht die Pflicht des Arztes zur Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes".

"Dieses Ergebnis hätte man, wenn es nach uns gegangen wäre, schon im Sommer vergangenen Jahres haben können", sagte Florian Lanz, Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, der "Ärzte Zeitung".

Umgekehrt heißt es vonseiten der Apotheker, man habe den Versuch einer Einigung stets vorangetrieben. Der DAV-Verhandlungsführer Dr. Rainer Bienfait nannte den Kompromiss "einen ersten Schritt in die richtige Richtung" und "eine gute Nachricht für viele chronisch kranke Patienten".

Er äußerte die Hoffnung, dass die Liste mit den Austauschverboten nun zügig erweitert wird.

Tatsächlich bleibt das bisherige Ergebnis weit hinter den Wünschen der Apotheker zurück. Im April 2013 hatten sie eine 20 Wirkstoffe umfassende Liste vorgelegt, für die ein Austauschverbot gelten sollte.

Enthalten waren - neben Ciclosporin und Phenytoin - in der Liste auch Wirkstoffe wie beispielsweise Carbamazepin, Morphin, Phenprocoumon oder Valproinsäure.

Der GKV-Spitzenverband argumentiert, die Apotheker hätten sich - so Sprecher Florian Lanz - gegen die Festlegung von Kriterien gewehrt. Vonseiten der Apotheker heißt es dagegen, man habe sich an den Bedürfnissen der Patienten orientiert.

Hängepartie seit dem Frühjahr

Dem Kompromiss ist eine monatelange Hängepartie vorausgegangen. Schon im Mai 2013 hat der Gesundheitsausschuss des Bundestags die Selbstverwaltung gedrängt, die Aut-idem-Liste bis spätestens August vorzulegen - nichts geschah.

Anschließend wurde die Schiedsstelle nach Paragraf 129 Absatz 8 SGB V unter Leitung von Dr. Rainer Hess angerufen. Der gab den Partnern im Oktober eine Frist von zwei Monaten, um doch noch eine eigene Einigung herbeizuführen - ohne Erfolg.

Bewegung ins Spiel gebracht hat erst die große Koalition. Im Koalitionsvertrag ist angelegt, dass der Gemeinsame Bundesausschuss die Aut-idem-Liste festlegen soll - dort aber haben die Apotheken keine Bank und damit kein Stimmrecht.

Genau diese Lösung wäre dem GKV-Spitzenverband auch jetzt noch am liebsten: "Wir sind nach wie vor der Meinung, dass das Thema beim GBA angesiedelt sein sollte", sagte Sprecher Florian Lanz.

Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) bezeichnete die Einigung auf die Aut-idem-Liste als "lange überfällig". Damit werde dem "ungehinderten, ausufernden Austausch von Medikamenten ein Riegel vorgeschoben", sagte BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp.

Es gelte abzuwarten, ob die Kassen sich an die nun vereinbarten pharmazeutischen und medizinischen Kriterien halten oder "wieder den Blick wie bisher ausschließlich auf die Kostenseite lenken".

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