Aut-idem-Verordnungen

Kassen machen Druck auf Ärzte

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NEU-ISENBURG. Milliardenbeträge sparen die Krankenkassen inzwischen durch Rabattverträge mit Generikaherstellern.

Entscheidend für den Sparerfolg war das gesetzliche Substitutionsgebot, das die Apotheker verpflichtet, nur rabattierte Arzneimittel abzugeben, wenn der Arzt nicht ausdrücklich etwas anderes auf dem Rezept bestimmt (Ankreuzen des Aut-idem-Kästchens).

Der Arzt selbst ist in der Entscheidung frei, ob er - etwa unter dem Gesichtspunkt der Compliance oder der Therapiekontinuität vor allem bei der Behandlung chronisch Kranker - dem Apotheker die Substitution untersagt. Doch diese Freiheit versuchen manche Krankenkassen mit subtilen und fragwürdigen Methoden einzuschränken, indem sie mit speziellen Arzneimittelberatungen Ärzte unter Druck zu setzen versuchen.

So wertet beispielsweise die AOK Niedersachsen arztbezogen die jeweilige "Rabattumsetzungsquote" aus und nimmt sich dabei jeden Arzt "zur Brust", der eine angeblich zu niedrige Quote erreicht.

Damit die "Beratung" ihren Schreckeffekt beim betreffenden Arzt erzielt, muss dessen Abweichung vom angeblich typischen Verhalten seiner Fachgruppe möglichst groß ausfallen.

Im konkreten Fall liegt der "Ärzte Zeitung ein Beispiel vor, wonach der geprüfte Arzt eine Rabattumsetzungsquote von knapp 20 Prozent erreicht hat, die Fachgruppe jedoch nahezu 90 Prozent.

Dieser krasse Unterschied ist jedoch Folge eines statistischen Tricks, den die Kasse anwendet und der aus dem Kleingedruckten hervorgeht.

Beim Vergleich zugrunde gelegt wurde nicht das durchschnittliche Verordnungsverhalten der gesamten Fachgruppe, sondern nur das oberste Viertel der Ärzte, die am häufigsten die Substitution zuließen - oder anders gesagt: die die wenigsten Aut-idem-Kreuze machten.

Eine weitere Einschränkung wurde vorgenommen, indem die die Kasse die Vergleichsgruppe auf solche Ärzte beschränkt wurde, die eine Mindestmenge von Verordnungen erreichen. (HL)

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