Barmer fordert

Ärzte besser über Biosimilars informieren

Die Barmer GEK gibt immer mehr für biotechnologisch hergestellte Arzneimittel aus - obwohl nur verhältnismäßig wenige Versicherte ambulant mit Biosimilars behandelt werden.

Von Susanne Werner Veröffentlicht:

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BERLIN. Die Barmer GEK hat 2015 rund 4,62 Milliarden Euro für Fertigarzneimittel ausgegeben. Pro Versicherten wurden demnach 510,62 Euro für Medikamente gezahlt und somit 5,17 Prozent mehr als 2014.

"Der Anstieg ist zu etwa gleichen Teilen auf teuerere Arzneimittel und auf Mehrverordnungen zurückzuführen", sagte Dr. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der Barmer GEK, am Dienstag.

Demografische Faktoren könnten den Zuwachs bei den Fertigarzneien nicht begründen. Denn im entsprechenden Zeitraum sei das Durchschnittsalter nur um 0,4 Jahre gestiegen.

Ausgaben bei 1,2 Milliarden Euro

Die Kasse fürchtet jedoch, dass biotechnologisch hergestellte Therapeutika künftig zu Preistreiber werden könnten. Denn für sie sind die Ausgaben von 2010 bis 2015 um mehr als 40 Prozent gewachsen und liegen inzwischen bei 1,2 Milliarden Euro.

Der Anteil der Versicherten hingegen, die entsprechend behandelt wurden, ist im ambulanten Sektor jedoch nur von 3,1 auf vier Prozent gestiegen.

Die Barmer GEK drängt darauf, Ärzte besser über dieses Arzneimittelsegment zu informieren. Schließlich stünden mit Biosimilars Nachahmerprodukte bereit, die im Schnitt um 25 Prozent günstiger als die Original-Biologika sind.

Während Ärzte bei Generika in der Regel nur einen Wirkstoff auf das Rezept schreiben und das konkrete Präparat vom Apotheker ausgesucht wird, wählen sie bei Biosimilars direkt die Präparate aus. Würden sie verstärkt Alternativen verordnen, so Straub, ließen sich in der GKV in den nächsten fünf Jahren mehr als vier Milliarden Euro einsparen.

"Bei der Barmer GEK würde damit jedes Jahr mehr als 100 Millionen Euro frei", sagte Straub. Dieses Geld werde dringend benötigt, um neue innovative Therapien finanzieren zu können.

"Wir wollen den medizinischen Fortschritt, aber dazu müssen wir dort sparen, wo es sichere Alternativen gibt", sagte Straub. Es sei Aufgabe der Ärzte, medizinisch richtig und wirtschaftlich sinnvoll zu verordnen.

Bei den Ausgaben für die Verordnungen stehen laut Barmer GEK Hausärzte mit 44 Prozent an der Spitze, gefolgt von Neurologen mit neun Prozent und Hämatologen und Onkologen mit je 5,6 Prozent.

Kasse vermutet Informationsdefizit

"Der Arzt sollte von sich aus das günstige Produkt verordnen. Vermutlich kennt er aber seine Biosimilar-Quote gar nicht", sagte Professor Daniel Grandt, Chefarzt am Klinikum Saarbrücken und Studienleiter des Arzneimittelreports.

Er verwies auf Studien, die die Sicherheit und Qualität der Biosimilars belegt haben. Sobald es Alternativen gibt, würden die Mehrkosten für die Originalpräparate ohne therapeutischen Zusatznutzen in Kauf genommen.

"Es sind freiwillige Bonuszahlungen an die pharmazeutische Industrie", sagte Brandt.

Brandt und Straub vermuten, dass die Ärzteschaft nicht ausreichend informiert ist. Denn der Barmer-Report lässt erkennen, dass die Verbreitung von Biosimilars je nach KV-Region variiert. Ärzte in Bremen zum Beispiel verordnen diese in 54,2 Prozent der indizierten Fälle, im Saarland nur in 27,4 Prozent.

Um gegenzusteuern, setzt die Kasse auch auf die KVen. Sie hat im vergangenen Jahr mit der HV Westfalen-Lippe einen IV-Vertrag für Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen geschlossen.

Seither ist die Quote der Patienten, die mit einem Biosimilar - anstatt des Originalpräparats - behandelt wurden, auf 50 Prozent gestiegen.

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Leitartikel zu Geheimpreisen für neue Arzneimittel

Kosten und Nutzen

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