AMNOG-Effekte
Lücken in der Versorgung mit Innovationen
BERLIN.Die frühe Nutzenbewertung hat den Eintritt neuer Arzneimittel in den deutschen Markt erschwert, zu einer Reihe von Marktaustritten geführt, aber nicht bewirkt, das Innovationen mit beträchtlichen Zusatznutzen den Markt stark durchdringen.
Zu diesem Ergebnis kommen die Gesundheitsökonomen Professor Dieter Cassel und Volker Ulrich in einem am Dienstag im Auftrag des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI) vorgestellten "AMNOG-Check 2017".
Von 170 in der EU zugelassenen neuen Wirkstoffen wurden seit Start des AMNOG 2012 bis Ende 2015 30 erst gar nicht eingeführt, 22 während oder nach dem Bewertungsprozess aus dem Vertrieb genommen. Die Verfügbarkeitsquote liege damit in Deutschland bei knapp 70 Prozent, so Ulrich. Diese Quote sei in Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden teils deutlich höher.
Andererseits führen positive Bewertungen nicht automatisch dazu, dass Ärzte Innovationen verstärkt einsetzen. Dazu haben die Ökonomen den Verordnungsgrad gemessen und die Angaben des Bundesausschusses über die Zielpopulationen mit den tatsächlichen Verordnungen verglichen: So liege der Verordnungsgrad von Ticagrelor in der Subgruppe mit beträchtlichem Zusatznutzen vier Jahre nach Zulassung bei 27 Prozent. Bei dem Antibiotikum Fidaxomicin liege der Verordnungsgrad drei Jahre nach Markteinführung bei nur vier Prozent.
Diese Barrierewirkungen würden bei Berechnungen der Einspareffekte des AMNOG nicht berücksichtigt, kritisierte BPI-Hauptgeschäftsführer Norbert Gerbsch. Allein durch Rabatte auf Einführungspreise seien im Jahr 2016 Einsparungen von 1,15 Milliarden Euro realisiert worden. (HL)