Krebsforschung

Als Pionier Verantwortung übernehmen

Das Leben der Menschen mit Krebs verändert sich. Dazu hat auch die immunonkologische Forschung beigetragen. Bristol-Myers Squibb gilt als einer der Pioniere auf diesem Gebiet. Mit der Gründung einer Stiftung rückt das Unternehmen die Perspektive der Patienten in den Mittelpunkt, sagt Geschäftsführer Han Steutel im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

Wolfgang van den BerghVon Wolfgang van den Bergh Veröffentlicht:
Den Fokus auf die Interessen der Patienten richten, fordert Han Steutel.

Den Fokus auf die Interessen der Patienten richten, fordert Han Steutel.

© Bristol-myers squibb

Ärzte Zeitung: Herr Steutel, vor wenigen Tagen haben sich die Mitglieder der Bristol-Myers Squibb-Stiftung Immunonkologie zur konstituierenden Sitzung getroffen. Was war der Anlass für die Gründung einer solchen Stiftung?

Han Steutel: Ja, das ist richtig. Ich war begeistert, wie intensiv bereits in der Sitzung am Wochenende über erste Projektanträge diskutiert wurde. Ich habe die Hoffnung, dass wir mit dieser Arbeit zu einer besseren Versorgung von Krebspatienten beitragen können.

Zu Ihrer Frage: Es gibt mehr als nur einen Anlass für eine solche Stiftung. Bristol-Myers Squibb hat als US-amerikanisches Unternehmen eine lange Tradition, CSR-Projekte nachhaltig zu unterstützen. Dabei geht es primär nicht um die Erforschung neuer Wirkstoffe.

Bereits 1955 wurde die Bristol-Myers Squibb- Foundation gegründet, die sich allerdings immer sehr stark in den USA und Afrika engagiert hat. In Deutschland war uns als Pionier in der Immunonkologie deshalb schnell klar, dass wir auch lokal eine gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen und unseren Beitrag leisten wollen.

Und das bedeutet für die Stiftung?

Han Steutel: Wenn wir in der immunonkologischen Forschung so erfolgreich sind und Ärzten neue therapeutische Methoden und Wirkstoffe an die Hand geben, müssen wir uns breiter aufstellen.

Das heißt: Wir wollen in der Stiftung den Fokus stärker auf den Patienten richten. Dabei geht es um Versorgungsforschung und den Umgang mit der Erkrankung – von der Erst-Diagnose, über die Therapie bis hin zur pflegerischen Versorgung dieser Patienten.

Wer vertritt die Stiftung und wie unabhängig arbeitet sie?

Han Steutel: Bristol-Myers Squibb ist zwar beteiligt, dennoch arbeitet die Stiftung unabhängig und wird von einer Treuhand-Organisation geführt. Wir haben einen dreiköpfigen Vorstand, der von Professor Katja Weisel aus Tübingen, Professor Dirk Jäger aus Heidelberg und unserem Medizinischen Direktor Dr. Michael May vertreten wird. Sie entscheiden, welche Projekte gefördert werden. Auch im Kuratorium sind wir in der Minderheit.

Inwiefern war die Stiftung Ihr persönliches Anliegen, und sind Sie selbst beteiligt?

Han Steutel: Ich bin Mitglied im Kuratorium. Aber ich habe nicht das geringste Interesse, die Arbeit der Stiftung in eine bestimmte Richtung zu lenken. Die Stiftung ist unabhängig und darauf angelegt, die Projekte, die wir identifizieren, nachhaltig zu unterstützen. Jeder von uns kennt Menschen, die an Krebs leiden – auch ich.

Krebs hat eine weite gesellschaftliche Dimension, und neue Therapien verändern das Überleben. Bislang tödliche Erkrankungen werden sich mittel- bis langfristig in chronische Krankheiten verändern. Wir wissen schon heute, dass sich dadurch neue Fragestellungen in der Versorgung von Patienten ergeben, die gelöst werden müssen.

Mir war es daher wichtig, dass wir uns auch diesen Themen stellen – das können wir am besten in Zusammenarbeit mit führenden Experten und in Form einer Stiftung tun.

Bristol-Myers Squibb war eines der ersten Unternehmen, das Erfolge in der Immunonkologie verbuchen konnte – Sie kooperieren bereits mit Tumorzentren – national und international. Worin unterscheidet sich die Arbeit in der Stiftung von der in anderen Kooperationen?

Han Steutel: So sehr es auf den ersten Blick so aussieht, hat das eine mit dem anderen wenig zu tun. Bei der Stiftung stehen Erkenntnisse im Vordergrund, wie Patienten mit ihrer Erkrankung umgehen.

Bei der Zusammenarbeit mit akademischen Zentren geht es primär um immunonkologisch-klinische Hinweise. Unsere Aufgabe ist es, diese unterschiedlichen Perspektiven zusammenführen.

Die Immunonkologie ist eine noch recht junge Disziplin: Was glauben Sie, wie groß ist das Wissen über diese neue Option in onkologischen Therapiekonzepten?

Han Steutel: Das Tempo ist hier enorm hoch. Das liegt auch daran, dass viele große Unternehmen auf diesem Gebiet forschen. Wir wissen heute, dass ein Präparat alleine nicht ausreicht, um alle Krebsarten zu bekämpfen und damit Hoffnung auf Heilung oder eine Lebensverlängerung zu bringen.

Die immunonkologische Welt ist differenzierter und bedarf daher unterschiedlicher Ansätze.

Haben Sie den Eindruck, dass dieses Potenzial von den HTA-Gremien, der Politik oder den Krankenkassen erkannt wird?

Han Steutel: Nehmen Sie das IQWiG: Das Institut ist davon überzeugt, dass seine Methode die einzig richtige ist, neue Arzneimittel zu bewerten. Die Zulassungsbehörden EMA und FDA kommen jedoch häufig zu anderen Ergebnissen.

Sie entscheiden sich immer wieder für beschleunigte Zulassungsverfahren, weil die Behörden sehen, dass ein neuer Wirkstoff möglicherweise für Patienten eine große Bedeutung haben kann. Denn sie haben keine Zeit zu verlieren. Das IQWiG reagiert darauf sehr restriktiv und stellt den Zusatznutzen manchmal in Frage. Ich plädiere daher für eine Reform des AMNOG, bei der der Fokus mehr auf der gelieferten Evidenz liegen sollte.

Und die Krankenkassen singen immer wieder das gleiche Lied, dass alles zu viel kostet und die neuen Wirkstoffe nur wenig bringen. Dagegen spricht aber, dass die Ausgaben im Gesundheitswesen gemessen am Bruttoinlandsprodukt seit mehr als 8 Jahren konstant bei 11 % sind.

Ich verstehe die Sorge der Kassen, aber ich bin der Meinung, dass man die Chancen, die Patienten durch neue Therapien bekommen, nicht kleinreden sollte. Ich finde, dass man wieder zu dieser Balance zurückkehren sollte. Dazu kann die Stiftung Immunonkologie hoffentlich auch einen guten Beitrag leisten.

Han Steutel

- Aktuelle Position: seit 2008 General Manager Germany von Bristol-Myers Squibb; seit 2009 im Vorstand des Verbandes der forschenden Pharma-Unternehmen, vfa; seit Juni 2016 vfa-Vorstandsvorsitzender; seit Januar 2017 im Vorstand des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI).

- Ausbildung: Studium Anglistik, Universität Leiden (NL), Executive MBA, begleitende Entwicklungsproblematik und Jura

- Karriere: 1987 Karrierestart bei AstraZeneca in den Niederlanden, seit 1999 bei Bristol-Myers Squibb beschäftigt, 2003 General Manager in den Niederlanden. Zudem war er dort in führender Position in unterschiedlichen Industrieverbänden aktiv.

- Privates: Der gebürtige Niederländer, Jahrgang 1959, ist verheiratet und hat drei Söhne.

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