Medikationsplan

gematik im Kreuzfeuer der Kritik

Als "skandalös" bewerten der Hausärzteverband und die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AKdÄ), dass die gematik es bis heute nicht geschafft hat, die Voraussetzungen für einen elektronischen Medikationsplan zu schaffen.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Trotz E-Card müssen Patienten noch immer mit einem Arzneiplan auf Papier ausgestattet werden.

Trotz E-Card müssen Patienten noch immer mit einem Arzneiplan auf Papier ausgestattet werden.

© Henrik Dolle /stock.adobe.com

BERLIN. Scharfe Kritik an der mangelnden Einigungsfähigkeit in der gematik haben der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes Ulrich Weigeldt und der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft Professor Wolf-Dieter Ludwig geübt.

Es sei "skandalös", so Ludwig bei einem Symposion des Vereins zur Förderung der Arzneimittelanwendungsforschung in der Robert Bosch Stiftung in Berlin, dass die gematik es bislang nicht geschafft habe, die Voraussetzungen für einen elektronischen Medikationsplan zu schaffen.

Der gesetzlich vorgeschriebene Medikationsplan sei eine gute und nützliche Idee, so Weigeldt, er tauge aber in der Papierform nichts, weil er zu häufig verloren gehe. Es müsse nun zügig eine elektronische Version kommen, die auch die Zusammenarbeit mit den Apothekern erleichtere, forderte er.

Vor allem für ältere und multimorbide Patienten sei der Medikationsplan von Bedeutung. So erhalten nach Weigeldts Angaben 56 Prozent der über 70-jährigen Patienten mehr als fünf Arzneimittel gleichzeitig. Man wisse aber, dass ab drei Arzneimitteln die Adhärenz der Patienten sinke.

Heißes Eisen: Arztinformationssystem

Als ein weiteres wichtiges Instrument der rationalen Pharmakotherapie sieht Ludwig das geplante elektronische Arztinformationssystem über die Ergebnisse der frühen Nutzenbewertung. Ludwig warnte aber eindringlich davor, aus diesem Instrument Regresse gegen Ärzte abzuleiten. Denn die Inhalte des Arztinformationssystems beruhten auf vorläufigen Ergebnissen. Eine vernünftige Gestaltung des Systems sei daher "keine triviale Aufgabe".

Als erfreulich bewertet Ludwig die hohe Zahl neuer Arzneimittel in der Onkologie, der Neurologie sowie gegen seltene Krankheiten. Damit seien Ärzten viele neue Therapieoptionen zur Verfügung gestellt worden. Eine große Herausforderung für Ärzte sei allerdings der zielgerichtete Einsatz dieser Arzneimittel, weil die Evidenzlage bei Zulassung nicht selten schlecht sei.

Ursächlich dafür sei, dass inzwischen etwa jedes dritte neue Arzneimittel im Wege einer beschleunigten Zulassung auf den Markt komme. Das dafür angewendete Kriterium des "unmet medical need" sei aber nicht hinreichend klar definiert.

Angesichts dieser Umstände sei es dringend notwendig, die Erkenntnisse über neue Wirkstoffe durch weitere randomisierte klinische Studien nach der Zulassung zu verbessern. Da geschehe derzeit in nicht ausreichendem Maße, kritisierte Ludwig.

Laut einer US-Untersuchung werde innerhalb von fünfeinhalb Jahren nach Zulassung lediglich eine Studie für einen neuen Wirkstoff durchgeführt. Das sei zu wenig. Ferner seien die Nachzulassungsstudien häufig wenig praxisnah konstruiert: Von 16 Studien mit insgesamt 16.000 Patienten sei in elf Studien Placebo die Vergleichstherapie gewesen – das entspreche nicht der klinischen Situation. Als eine Ursache des unzureichenden Erkenntnisgewinns über neue Arzneimittel nach der Zulassung sieht Ludwig die ungeklärte Finanzierung der klinischen Forschung.

Man tue sich in Deutschland schwer insbesondere mit der Versorgungsforschung, gestand Birgit Fischer, die Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Forschender Pharmaunternehmen, zu: "Wir führen eine ausgeprägte Zuständigkeitsdebatte."

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