Lebensqualität

Forscher und GBA wollen Methoden-Sicherheit

Die Erfassung der Lebensqualität wird durch fehlende methodische Standards behindert, hieß es anlässlich der Verleihung des Lilly Quality of Life-Preises.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:

BAD HOMBURG. Mehr Forschung zur Lebensqualität ist bei der Entwicklung und Einführung neuer Medikamente geboten. Hilfreich wären dabei aus Sicht von Wissenschaftlern und forschenden Unternehmen allgemein anerkannte Endpunkte und Messmethoden, damit Aspekten der Lebensqualität insbesondere bei der frühen Nutzenbewertung ein höherer Stellenwert eingeräumt werden kann.

Diese Hoffnung äußerten Teilnehmer anlässlich eines Symposiums am vergangenen Freitag in Bad Homburg, bei dem Lilly Deutschland zum 20. Mal den Quality of Life-Preis verliehen hat. Am liebsten wäre ihm "so etwas wie eine S 3-Leitlinie", bekannte Professor Josef Hecken, Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA). Er erinnerte daran, dass bislang nur 50 Prozent der Nutzen-Dossiers überhaupt Daten zur Lebensqualität enthalten. "Wir bekommen diese Daten nur selektiv im GBA präsentiert", beschwerte sich Hecken.

Dr. Martin Danner, Bundesgeschäftsführer der BAG-Selbsthilfe, mahnte eine qualitativ bessere Umsetzung von Studien an. Der Vertreter der Dachorganisation von 113 Organisationen behinderter und chronisch kranker Menschen und ihren Angehörigen forderte, insbesondere die Rücklaufquoten von Fragebögen in den Studien müssten sich erhöhen. Entscheidend sei hierbei die Motivation der Studienärzte, "Patienten bei der Erhebung von Lebensqualitäts-Daten mitzunehmen", so Danner.

Professor Herbert Rebscher, Vorstandschef der DAK Gesundheit, stellte in Frage, ob klinische Studien überhaupt der geeignete Ort sein können, um – neben Mortalität und Morbidität – Aspekte der Lebensqualität abzubilden. Klinische Studien seien primär für die Entscheidung über die Zulassung eines Arzneimittels notwendig. Doch in vielen Fällen könne erst die Versorgungsforschung Antworten auf die Frage geben, ob sich die Lebensqualität der Patienten unter einer neuen Therapie verbessert.

Forschende Pharmaunternehmen sind an erster Stelle von den Folgen der Methodenvielfalt in der Lebensqualitätsforschung betroffen, sagte Simone Thomsen, Geschäftsführerin von Lilly Deutschland. Sie erinnerte daran, dass in drei von fünf Dossiers, die Lilly zuletzt dem GBA vorgelegt hat, Daten zu Lebensqualität "nicht gewürdigt worden sind". Hecken verwies dazu auf eines der "wenigen belastbaren Ergebnissen des Pharmadialogs": GBA und Zulassungsbehörden (BfArM und PEI) würden künftig verbindlich mit dem forschenden Unternehmen Endpunkte, methodische Fragen sowie die zweckmäßige Vergleichstherapie festlegen.

Ein Spiegelbild der Qualität der in Deutschland betriebenen Lebensqualitätsforschung zeigen die 36 eingereichten Arbeiten für den Quality of Life-Preis: Der Preis wird seit 1996 jährlich vergeben und ist mit insgesamt 10.000 dotiert. Den ersten Platz belegte die am Hamburger UKE forschende Psychologin Dr. Dana Barthel. Die Wissenschaftlerin überzeugte die Jury mit Arbeiten im Rahmen der Kids-CAT-Studiengruppe. Dabei geht es um computer-adaptive Testverfahren, um die gesundheitsbezogene Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen zu messen. Ausgezeichnet worden sei diese Arbeit, "weil durch sie ein Messverfahren existiert, bei dem der Zeitaufwand für die befragten Kinder und Jugendlichen auf ein Minimum reduziert werden kann", sagte Jurymitglied Professor Thomas Kohlmann vom Institut für Community Medicine der Universität Greifswald.

Den zweiten Platz vergab die Jury an Dr. André Hajek vom Institut für Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung der Universität Hamburg. Er untersuchte die Entwicklung von Depressionen im Zusammenhang mit gesundheitsbezogener Lebensqualität im Alter. Dabei nahm er – anders als frühere Arbeiten – den Einfluss der Lebensqualität auf depressive Symptome in den Fokus.

Den dritten Preis erzielte Professor Hans-Joachim Salize vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim. Er befasste sich mit den Auswirkungen einer Alkoholabhängigkeit auf Partner und Familienangehörige. Deren psychosoziale und gesundheitliche Belastungen werden in der Forschung zwar als "family burden" beschrieben, sind aber empirisch bisher kaum beziffert worden.

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