ASV

Viele Ärzte verstehen nur Bahnhof

Der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe übt scharfe Kritik am Stand der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung. Bei vielen Vorgaben sei nicht erkennbar, wie sie im Versorgungsalltag umgesetzt werden könnten.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Die ASV ein bürokratisches Monster? So sehen es durchaus einige Ärzte.

Die ASV ein bürokratisches Monster? So sehen es durchaus einige Ärzte.

© Gina Sanders / Fotolia.com

KÖLN. Der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) Dr. Theodor Windhorst fordert eine bessere Aufklärung der Ärzteschaft über die ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV).

"Die Ärzte müssen genau wissen, um was es sich bei der ASV handelt und welche Systemveränderungen sie mit sich bringt", sagte Windhorst anlässlich der jüngsten Kammerversammlung der "Ärzte Zeitung".

Die ÄKWL hatte die zuständige Ausschussleiterin Dr. Regina Klakow-Franck zu der Veranstaltung eingeladen, damit sie das Projekt vorstellen und mit den Delegierten darüber diskutieren konnte.

"Ein solcher Austausch ist wichtig, weil das Thema sonst an der Ärzteschaft vorbeiläuft", erläuterte er.

"Alle müssen wissen, worum es geht"

Das gelte sowohl für die Kollegen in den Praxen als auch in den Kliniken. Zwar sei die ASV ein spezieller Teil des Sicherstellungsauftrags der Kassenärztlichen Vereinigungen.

"Aber alle Ärzte müssen wissen, um was es geht." Das ist nach seiner Einschätzung bislang aber nicht der Fall, was gravierende Konsequenzen haben könnte.

Eine wachsame und kritische Begleitung der ASV durch die Ärzteschaft hält er für dringend notwendig. "Die Ärzte brauchen Informationen, damit sie früh gegen das Projekt aufstehen können."

So wie das Konzept jetzt ist, darf es seiner Meinung nach nicht bleiben. "Ich halte die ASV für ein überbürokratisches Monster", betonte er.

Der Gemeinsame Bundesausschuss habe eine Flut von Normen und Vorgaben entwickelt, bei denen überhaupt nicht erkennbar sei, wie sie in den Versorgungsalltag umgesetzt werden sollen.

"Wir müssen jetzt als Ärzteschaft Pflöcke einschlagen und dürfen das nicht den Juristen überlassen", forderte der ÄKWL-Präsident.

Dringend geklärt werden müsse etwa, wer die Zugangsberechtigung zur ASV kontrolliert. Auch wie die Einhaltung der Vorgaben zu den Mindestmengen überprüft werden soll, sei noch völlig ungeklärt, monierte er.

Der ÄKWL-Präsident kritisierte außerdem, dass die ASV häufig unter dem Aspekt der Gesundheitswirtschaft betrachtet werde, gerade was die Zugangsvoraussetzungen zu dieser Versorgungsform betreffe.

"Das halte ich für einen katastrophalen Ansatz." Mit einer hochqualifizierten Patientenversorgung über die Sektorengrenzen hinweg habe das nichts zu tun.

Warnung vor Qualitätsverlust

Auf der Kammerversammlung hat sich Windhorst erneut gegen den Direktzugang von Patienten zu Heilmittelerbringern ausgesprochen. "Es kann und darf nicht sein, dass ärztliche Kompetenz durch Substitution zugunsten anderer Berufe und zulasten der Patienten aufgelöst wird", sagte er.

Das von der CDU/CSU-Fraktion entwickelte Konzept sei ein erneuter Eingriff in die Patientenversorgung, der zu einem Qualitätsverlust führen werde, warnte er.

Die Delegierten folgten dieser Einschätzung und sprachen sich in einer Resolution einstimmig gegen den Direktzugang aus. Aus der Garantenstellung des Arztes ergebe sich seine ausschließliche diagnostische Verantwortung für den Patienten.

"Sparmodelle dürfen kein Vorwand für die verdeckte Substitution ärztlicher Leistungen sein", stellte die Kammerversammlung klar.

Um die notwendige effiziente Kooperation aller Versorgungsebenen im Gesundheitswesen zu erreichen, halten die Delegierten evaluierte Modellversuche für sinnvoll. In die Ausarbeitung solcher Modellversuche müsse die Ärzteschaft zwingend einbezogen werden.

"Die bestehende Methodenvielfalt und unübersichtliche Forschungslandschaft muss vereinheitlicht werden, um leitliniengestützte Abläufe zu erreichen und die Versorgung für Arzt und Patient nachvollziehbar zu machen", sagte Windhorst.

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