Versorgung 2030

Deutschland altert, wächst und braucht mehr Ärzte

Die Infrastruktur für die pflegerische und ärztliche Versorgung steht unter starkem Anpassungsbedarf. Bis 2030 wird in einzelnen Städten und Ballungszentren die Bevölkerungszahl stark wachsen, viele ländliche Regionen bluten aus.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Nicht nur die Landbevölkerung könnte in Zukunft weite Wege zu Ärzten haben.

Nicht nur die Landbevölkerung könnte in Zukunft weite Wege zu Ärzten haben.

© PhotographyByMK / Fotolia.com

BERLIN/GÜTERSLOH. Deutschland zerfällt in seiner demografischen Entwicklung in Gewinner- und Verlierer-Regionen.

Im Gesamttrend ist Deutschland trotz hoher Zuwanderung auf Schrumpfkurs und wird in den kommenden 15 Jahren um eine halbe Million Menschen verlieren.

Eine am Mittwoch veröffentlichte Studie der Bertelsmann-Stiftung taxiert die Bevölkerungszahl im Jahr 2030 auf 79,97 Millionen Menschen.

Die Wissenschaftler haben für ihre Studien die Entwicklung in allen Kommunen über 5000 Einwohner sowie in allen Landkreisen untersucht. Dabei ist die verstärkte Zuwanderung der vergangenen Jahre berücksichtigt worden.

Am stärksten wird laut den Prognosen Berlin zulegen (10,3 Prozent), Sachsen-Anhalt im gleichen Zeitraum aber 13,6 Prozent seiner Einwohner verlieren.

Der Zuwachs, den Bayern verzeichnen wird (440.000) , entspricht fast dem erwarteten Bevölkerungsverlust in Nordrhein-Westfalen (minus 480.000).

Die demografischen Fliehkräfte innerhalb Deutschlands veranschaulicht das Medianalter, bei dem die Bevölkerung in zwei gleich große Gruppen - eine jüngere und eine ältere - geteilt wird.

Das Medianalter wird im Jahr 2030 von 42,8 Jahre (Berlin) bis 53 Jahre (Brandenburg und Sachsen-Anhalt) reichen.

Die drei bevölkerungsstarken Flächenländer Bayern, Hessen und Baden-Württemberg liegen bei diesem Wert fast gleichauf (47,3 und 47,4 Jahre). Bad Füssing in Bayern mit rund 6700 Einwohnern ist mit einem Medianalter von 63 Jahren die "älteste" Kommune Deutschlands.

Zahl der Hochaltrigen wächst überall

Denn auch in den boomenden Bundesländern wie Bayern ist die Bevölkerungsentwicklung sehr heterogen.

Unterföhring und Feldkirchen im Kreis München werden um mehr als 30 Prozent wachsen, grenznahe Regionen zu Tschechien wie der Landkreis Wunsiedel werden mehr als 14 Prozent ihrer Einwohner verlieren.

Gemeinsam ist allen Regionen, dass die Zahl der über 80-Jährigen stark zunehmen wird. Binnen 15 Jahren wird diese Gruppe laut der Studie um 47,2 Prozent auf 6,3 Millionen wachsen.

Im insgesamt "jungen" Berlin fällt der Anstieg mit 75 Prozent am stärksten aus, etwas geringer ist der Zuwachs in dieser Alterskohorte in Schleswig-Holstein (69 Prozent) und Brandenburg (61 Prozent).

Zum Vergleich: Den bundesweit geringsten Anstieg in der Gruppe der Hochaltrigen wird das Saarland verzeichnen (rund 32 Prozent).

Eine spektakuläre Entwicklung erlebt der Studie zufolge die Stadt Kirchheim bei München. In der Stadt mit rund 12.000 Einwohnern legt die Gruppe der über 80-Jährigen voraussichtlich um 212 Prozent zu.

Aus Sicht der Bertelsmann-Stiftung wird es angesichts der heterogenen Bevölkerungsentwicklung immer schwieriger, auch in schrumpfenden Regionen eine gute Infrastruktur vorzuhalten.

Insbesondere für die Gruppe der Hochbetagten werden Kommunen sich auf wachsenden Unterstützungs- und Pflegebedarf einstellen müssen.

"Es gilt, frühzeitig der Gefahr von Versorgungslücken aufgrund fehlender Pflegekräfte entgegenzuwirken", kommentierte Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsmann-Stiftung, die Studienergebnisse.

Studiendaten zur Entwicklung in den einzelnen Bundesländern unter: http://tinyurl.com/pphow8u

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