Nachwuchsmangel

Sorgen und digitale Hoffnungen bei den Chirurgen

Die Chirurgie im Abseits? Viele Probleme bringen junge Ärzte vom Skalpell weg, so die DGCH. Ein Lichtblick: die Digitalisierung.

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Nachwuchssorgen: 8.000 bis 10.000 Chirurgen werden dem Gesundheitssystem in nächster Zeit fehlen.

Nachwuchssorgen: 8.000 bis 10.000 Chirurgen werden dem Gesundheitssystem in nächster Zeit fehlen.

© [M] Kzenon / stock.adobe.com

BERLIN. Ein düsteres Bild von der Zukunft der Chirurgie hat die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) kurz vor ihrem 135. Kongress gezeichnet. Die Fachrichtung kämpfe in Deutschland um Nachwuchs und leide heftig unter Personalmangel, so Kongresspräsident Prof. Jörg Fuchs auf einer Pressekonferenz in Berlin.

8.000 bis 10.000 Chirurgen werden dem Gesundheitssystem in nächster Zeit fehlen, so Fuchs. Der anstehende Nachwuchsmangel sei sowohl extern ausgelöst wie auch hausgemacht: Während die Begeisterung für die Chirurgie am Studienanfang groß sei, änderten viele angehende Ärzte im Laufe ihres Studiums die anvisierte Fachrichtung. Andere Fachrichtungen böten eine bessere Work-LifeBalance als die arbeitsintensive Chirurgie, PJ-ler würden in Kliniken oft zu Hilfskräften für ungeliebte Aufgaben degradiert und die Bezahlung sei für den Arbeitsaufwand nicht angemessen. Auch Chefarzt-Positionen seien "nicht mehr so attraktiv wie früher"; eine Verschiebung hin zu einem Consultant-System nach US-Vorbild sei auf Dauer möglich.

Der DGCH-Präsident schlägt vor, dass Kliniken Ärzten in Weiterbildung mehr Wertschätzung entgegenbringen, ein Mentoring-System aufbauen, das Curriculum von Anfang an klar und besser strukturieren und von Zeitverträgen für Jungmediziner abrücken. Zudem sollten arbeitsintensive Disziplinen wie die Chirurgie besser vergütet werden. Dass es bei den Forderungen um eigene Interessen ging, stritt der Tübinger Kinderchirurg ab: Man habe das Wohl der Patienten im Sinn.

Wenig Hoffnung hat die DGCH, dass die neue Regierung die Situation der Chirurgie verbessert: Der Koalitionsvertrag sei zu dafür zu vage formuliert, sagte Generalsekretär Prof. Hans-Joachim Meyer. Gleichzeitig kritisierte er Politiker verschiedener Couleur für Aussagen zu einer angeblichen Zwei-Klassen-Medizin: Diese gebe es in Deutschland nicht, so Meyer.

Hoffnung setzen die Chirurgen auf die Digitalisierung. Noch böte die Robotik in der Chirurgie keinen Vorteil, doch steckten die Assisstenzsysteme in den Kinderschuhen, führte Prof. Albrecht Stier vom Helios-Klinikum Erfurt aus. Die digitale Vernetzung unter den Fachrichtungen könne schon heute dem Patienten nutzen, wenn beispielsweise externe Experten in Tumorboards zu Rate gezogen werden können. Die Digitale Revolution ändere das Arzt-Patientenverhältnis jedoch fühlbar, so Stier. (ajo)

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