Ärzte-Protest gegen Heilmittelregresse

DORTMUND (iss). Niedergelassene Ärzte in Westfalen-Lippe werden in ihren Praxen Unterschriften gegen die restriktiven Wirtschaftlichkeitsprüfungen bei Heilmittelverordnungen sammeln. Die Aktion wird organisiert vom Hartmannbund (HB), unterstützt von der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL). "Wir wollen bei der Problematik der Heilmittelregresse die Bürger mit ins Boot holen", sagt Dr. Klaus Reinhardt, HB-Vorsitzender in Westfalen-Lippe.

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Die Ärzte in der KVWL sind seit langem Schlusslicht bei der Verordnung von Heilmitteln. Das Prinzip der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach dem Verordnungsdurchschnitt der Fachgruppen hat über die Jahre eine Spirale nach unten in Gang gesetzt.

Er selbst habe im Jahr 2006 Regresszahlungen von knapp 10 000 Euro leisten müssen für Verordnungen aus den Jahren 2001 und 2002, berichtet Reinhardt, Allgemeinmediziner aus Bielefeld. "Ich bin seit 1993 niedergelassen und habe mein Verordnungsverhalten nicht verändert." Da der Durchschnitt in seiner Fachgruppe nach unten gegangen ist, habe er plötzlich Probleme bekommen.

Die Regresse nähmen zum Teil bedrohliche Dimensionen für die Kollegen an, sagt er. "Das Allerschlimmste ist, dass Ärzte nach einer solchen Erfahrung Patienten berechtigte Leistungen verweigern müssen." Die Schere zwischen Sozialrecht und Berufsrecht bereite den Ärzten immer größere Schwierigkeiten. Das müsse man viel stärker öffentlich machen als bisher, so Reinhardt.

"Ärzte müssen notwendige Heilmittel sanktionsfrei verordnen können", fordert der KVWL-Vorsitzende Dr. Ulrich Thamer. Mit den Heilmittelrichtlinien gebe es ein Regelwerk zur angemessenen Verordnung dieser Leistungen. Deshalb müsste seiner Meinung nach das Prinzip gelten: "Ärzte, die sich an die Heilmittelrichtlinien halten, verhalten sich wirtschaftlich im Sinne der Patienten."

Wegen der Verordnungspraxis der verunsicherten Ärzte gebe es bereits zahlreiche Beschwerden von Patienten. Der KVWL-Vorstand unterstütze die Aktion des Hartmannbundes voll, sagt Thamer. "Die doppelte Regulierung zu Lasten der Patienten ist nicht nachzuvollziehen."

Die Vertreterversammlung der KVWL hat einstimmig eine Abschaffung der Richtgrößenprüfungen in diesem Bereich gefordert (wir berichteten).

In einem Brief hat der KVWL-Vorstand Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt die Problematik dargelegt. "Wir haben bis heute keine Antwort erhalten", sagt Thamer.

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