Hausarztmodelle überzeugen Deutsche nicht

Nur rund jeder siebte Bundesbürger, der bereits an einem Hausarztmodell teilnimmt, fühlt sich dadurch besser versorgt. Jeder Elfte beurteilt die Versorgungsqualität nach der Einschreibung als schlechter. Von Bülent Erdogan

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Das geht aus der vorgestern vorgestellten 2. KBV-Versichertenbefragung hervor. Für die repräsentative Umfrage interviewte die Forschungsgruppe Wahlen aus Mannheim im Mai und Juni über 6000 Bürger (wir berichteten). Die meisten Teilnehmer, so der für den Hausarztbereich zuständige KBV-Vorstand Dr. Carl-Heinz Müller in Berlin, hätten im Vergleich zur früheren Versorgung keinen Unterschied festgestellt: "75 Prozent geben an, dass die Versorgung gleich geblieben ist." Müller warnte davor, die Versorgung des Kollektivvertragssystems durch Hausarztverträge auszuhöhlen.

Deutsche wollen sich die Praxisgebühr sparen

Insgesamt nimmt knapp jeder fünfte Befragte bereits an einem Programm teil, 62 Prozent haben schon einmal von Hausarztmodellen gehört. Besonders bekannt sind die Modelle in den mittleren Altersgruppen und speziell bei Frauen zwischen 35 und 59 Jahren. Versicherte unter 30 Jahren und Befragte ohne deutschen Pass haben hingegen weniger Kenntnis von den Programmen.

Wichtigster Grund für die Teilnahme am Modell ist nach den Worten des für den Hausarztbereich zuständigen KBV-Vorstands Dr. Carl-Heinz Müller für 64 Prozent der Befragten, die bereits in einem Programm sind, die Erstattung der Praxisgebühr. 56 Prozent der Befragten begründen ihre Teilnahme mit einer besseren Zusammenarbeit von Haus- und Facharzt, 36 Prozent mit einem finanziellen Bonus der Kassen und 23 Prozent mit besonderen Service-Leistungen.

Bei den Befragten, die sich noch nicht in ein Hausarztmodell eingeschrieben haben, ist die Hoffnung auf einen besseren Service mit 66 Prozent dagegen deutlich ausgeprägter. Mit 75 Prozent Zustimmung hoffen sie zudem auf eine bessere Zusammenarbeit von Haus- und Facharzt. Um an einem Hausarztmodell teilnehmen zu können, würden 14 Prozent aller GKV-Versicherten ihrem bisherigen Hausarzt den Rücken kehren. Allerdings musste nur eine verschwindend geringe Minderheit von drei Prozent für ihre Teilnahme tatsächlich den Hausarzt wechseln.

Jeder zweite GKV-Versicherte hat im vergangenen Jahr Erfahrung mit der Aut-idem-Regelung gemacht und ein anderes als das gewohnte Medikament erhalten. Jeder zweite Bürger findet die Regelung richtig. Allerdings verweigerten fünf Prozent der Befragten die Einnahme der neuen Arznei. Hauptgrund dafür war, dass die Versicherten dem ungewohnten Medikament misstrauten (52 Prozent), es nach eigenen Angaben nicht vertrugen (16) oder eine schlechtere Wirkung anführten (14).

Zwei von drei Patienten nehmen IGeL-Angebote an

Trotz der geringen Quote an Patienten, die sich nicht therapiegerecht verhielten, zeige sich, dass die Regelung einigen Versicherten doch ernste Probleme bereite, sagte Müller. "Das sollte allen Verantwortlichen zu denken geben." Gefordert seien daher innovative Konzepte zur Verbesserung der Therapietreue, so Müller.

Die Nachfrage nach IGeL-Leistungen ist im vergangenen Jahr leicht gestiegen: 19 Prozent der GKV-Versicherten fragten von sich aus Selbstzahlerleistungen nach. Bei der ersten Versichertenbefragung im ahr 2006 waren es noch 16 Prozent. 22 Prozent (+3) der Befragten gab an, dass der Arzt sie auf IGeL angesprochen habe. Mit 70 Prozent ging der Löwenanteil der Initiative dabei von den Fachärzten aus, nur in jedem vierten Fall kam die Offerte von einem Hausarzt. Von den 22 Prozent, die auf IGeL angesprochen wurden, nahmen 65 Prozent das Angebot an.

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