Sofortprogramm gegen Ärztemangel gefordert

SAARBRÜCKEN (kin). Der Saarländische Hausärzteverband hat ein Sofortprogramm zur Sicherung der flächendeckenden hausärztlichen Versorgung im Saarland gefordert. "Auch bei uns müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die Versorgung in Zukunft zu sichern", sagte der Landesvorsitzende Dr. Joachim Meiser auf dem 23. saarländischen Hausärztetag am Wochenende in Saarbrücken.

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Konkret forderte Meiser, dass Ärzte in Weiterbildung in Klinik und Praxis gleich bezahlt werden müssten. In den Krankenhäusern müssten zur Sicherung der Weiterbildung verpflichtende Rotationsstellen geschaffen werden. An der Uniklinik in Homburg solle außerdem ein Lehrstuhl für Allgemeinmedizin eingerichtet werden. Der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, pflichtete bei: "Wir haben 38 Universitäten mit medizinischen Fakultäten in Deutschland, aber nur 17 Lehrstühle für Allgemeinmedizin."

Nötig ist das Sofortprogramm nach Ansicht der Hausärzte, weil der Ärztemangel inzwischen auch das Saarland erreicht habe. "Auch bei uns sind die ersten Vorboten erkennbar", sagte der saarländische Hausärzte-Chef Meiser. "Im Moment sind hier bereits 20 Praxen nicht vermittelbar". Von den rund 700 Hausärzten im Saarland will nach Meisers Angaben in den nächsten Jahren rund ein Viertel in den Ruhestand gehen. "Derzeit haben wir nur noch einen Hausarzt unter 40."

In der Politik wird die Lage offenbar nicht so dramatisch gesehen. "Im Bundesvergleich liegt die ärztliche Versorgung im niedergelassenen Bereich bei uns bei 110 Prozent", sagte der saarländische Gesundheitsminister Professor Gerhard Vigener (CDU) auf dem Hausärztetag. Auch das Netz an Pflegediensten sei gut ausgebaut. Die steigende Zahl älterer Menschen über 65 bedeute außerdem nicht automatisch, dass der Bedarf an ärztlichen Leistungen in gleichem Umfang steige.

Unterstützung bekam der CDU-Minister vom Chef des Ersatzkassenverbandes im Saarland, dem SPD-Politiker Armin Lang. "Wir müssen aufpassen, dass aus der Alters-Debatte keine Angst-Debatte wird", erklärte Lang. Das eigentliche Problem sei die Gruppe der Hochbetagten. Das Gesundheitssystem brauche auch nicht unbedingt mehr Geld. Die Mittel müssten vor allem besser eingesetzt werden - zum Beispiel für integrierte Versorgungskonzepte.

Nur ein Hausarzt im Saarland ist unter 40 Jahre alt.

Das sahen die versammelten Hausärzte völlig anders. "Unser Nachwuchs hat doch schon längst mit den Füßen abgestimmt", schimpfte ein Mediziner im Publikum. Er suche seit einem halben Jahr per Annoncen einen Weiterbildungs-Assistenten - ohne Erfolg. Eine Kollegin berichtete, wo der Nachwuchs geblieben ist: "Ich kenne Kollegen, die nach Skandinavien ausgewandert sind", sagte sie. "Die haben 15 Patienten am Tag und verdienen mehr als ich".

In die gleiche Kerbe schlug auch der Präsident der saarländischen Ärztekammer, Dr. Franz Gadomski. In Großbritannien verdienten Kollegen in vier Tagen genauso viel wie hier in einem Monat.

Der saarländische Hausärzte-Chef Meiser forderte denn auch "für gute Arbeit ein gerechtes Honorar". Derzeit würden 30 Prozent der ärztlichen Leistungen gar nicht mehr honoriert. Gleichzeitig habe sich die Arbeit für die Kollegen dramatisch verdichtet. Den Politikern gab er mit auf den Weg: "Ich bin fest entschlossen, von hausärztlicher Seite den bevorstehenden Wahlkampf zu begleiten".

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