Viele Baustellen in den Kliniken jenseits der Tarifpolitik

Viele Klinikärzte wünschen sich eine bessere Bezahlung ihrer Arbeit. Aber es gibt noch viele weitere Themen, die ihnen unter den Nägeln brennen.

Christiane BadenbergVon Christiane Badenberg Veröffentlicht:

Weiterbildung, hierarchische Strukturen, Arbeitszeitregelung sind einige Stichwörter, zu denen wohl jeder Klinikarzt aus eigener Betroffenheit aus dem Stand Stellung nehmen kann. Davon geht Dr. Andreas Botzlar, stellvertretender Vorsitzender des Marburger Bundes, aus.

Vor allem viele junge Ärzte ärgert die unstrukturierte Weiterbildung, die sie häufig zwingt, sich neue Stellen zu suchen, um den Weiterbildungskatalog abarbeiten zu können. Auch dass sie dabei dem Weiterbilder praktisch ausgeliefert sind, empfinden viele als Manko. "Wenn ihr Chef sagt: Der wird niemals ein guter Orthopäde oder Frauenarzt, dem bescheinige ich die Facharztreife nicht, dann können sie 20 mal den Katalog runteroperiert haben, das nützt dann alles nichts. Die Facharztreife ist nicht einklagbar", sagt Botzlar.

Ob es allerdings klug ist, den liberalen Zugang zur Weiterbildung einzuschränken und straffer zu organisieren, wie das in den USA oder den Niederlanden der Fall sei, da ist sich der MB-Vize nicht sicher. "Wer dort eine Weiterbildungsstelle bekommt der weiß, dass er nach fünf Jahren mit allem durch ist, allerdings wird häufig auch nur sehr restriktiv zugelassen. Das heißt, diese Länder haben oft einen eklatanten Mangel an Fachärzten." Der MB-Vize glaubt nicht, dass es möglich ist, die Weiterbildung perfekt zu organisieren und gleichzeitig sicherzustellen, dass jeder die Fachrichtung wählen kann, die er möchte.

Ein weiteres großes Ärgernis sieht Botzlar in der Organisation der Bereitschaftsdienste und in der Arbeitszeiterfassung. Bereitschaftsdienste sind bei vielen Ärzten durchaus begehrt, weil mit ihnen das Gehalt aufgebessert werden kann. Allerdings neigen einige Krankenhäuser offenbar dazu, die Bereitschaftsdienstzeiten immer weiter auszudehnen. Das heißt, die Bereitschaft beginnt zu einer Zeit, in der noch unglaublich viel zu tun ist und ein Arzt alleine deshalb der Arbeit kaum nachkommen kann. So spart das Krankenhaus Personal, beutet aber die diensthabenden Ärzte aus.

Fatal findet der MB-Vize auch, dass es immer noch Krankenhäuser ohne Zeiterfassung oder aber mit einer negativen Arbeitszeiterfassung gibt. "Da können sie um sieben Uhr kommen und um 20 Uhr gehen, das Gerät schaltet nach zehn Stunden die Aufzeichnung ab, weil Arbeit darüber hinaus nicht zulässig ist", berichtet Botzlar. "Dann müssen Sie schriftlich begründen, warum Sie länger geblieben sind."

Zur Person

Der 41 Jahre alte Münchner Chirurg Dr. Andreas Botzlar ist seit November 2007 stellvertretender Vorsitzender des Marburger Bundes. Beschäftigt ist er am Uniklinikum der bayerischen Landeshauptstadt. Beim Marburger Bund fiel er schnell als berufspolitisches Talent auf und machte eine Blitzkarriere. Bei seiner Wahl stach er langgediente MB-Funktionäre aus.

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