Präsidentenamt an der Saar ist heiß begehrt

Der saarländische Ärztekammer-Präsident Dr. Franz Gadomski will es erneut wissen: Seine bisherige "Hausmacht", das saarländische Facharztforum, hat ihn nicht mehr als Spitzenkandidaten nominiert. Trotzdem tritt der 67-Jährige noch einmal an.

Andreas KindelVon Andreas Kindel Veröffentlicht:

SAARBRÜCKEN. "Ich will noch einmal antreten", sagt Gadomski, "und zwar für volle fünf Jahre". Der 67-Jährige steht seit 1999 an der Spitze der saarländischen Ärztekammer. "Ich kandidiere noch mal, weil das eine oder andere Thema von mir noch erledigt werden sollte", so Gadomski. Ein Thema sei die neue Gebührenordnung. Der Kammer-Chef ist derzeit Vorsitzender des GOÄ-Ausschusses der Bundesärztekammer. "Bei der neuen Gebührenordnung sind wir noch mittendrin", erläuterte er. "Das sollte fertig gemacht werden".

Unterstützt wird Gadomski von mehreren bekannten Ärzten an der Saar. Auf seiner "Gemeinschaftsliste saarländischer Ärztinnen und Ärzte in Klinik und Praxis" stehen allein zehn Professoren - unter anderem der ärztliche Direktor der Homburger Uniklinik, Professor Hans Köhler, sowie fünf weitere Homburger Klinik-Direktoren. Aber nicht alle Ärzte sind mit Gadomski zufrieden.

"Die Kammer hat in der Vergangenheit Schaden genommen", kritisierte der Vorsitzende des Facharztforums Saar, Dr. Dirk Jesinghaus. Jesinghaus will gegen Gadomski bei der Wahl zum Präsidenten antreten. Ihn ärgert vor allem die "mangelnde Professionalität" bei der Kammer-Führung. Als Beispiel nennt er den Plan für ein neues Ärztehaus, den die Kammer-Führung nach heftigen Protesten an der Ärzte-Basis Ende 2006 zurückziehen musste.

Das Facharztforum, das 2004 noch mit Gadomski als Spitzenkandidat in die Wahl gezogen war, wirbt jetzt außerdem für einen "Generationswechsel". "Wir wollen einen Präsidenten, der in der Mitte seiner Berufstätigkeit und nicht schon an der Altersgrenze steht", sagt der 54-Jährige Jesinghaus. Der Wunsch nach Verjüngung könnte aber dazu führen, dass die Facharztliste erstmals seit über 40 Jahren nicht mehr stärkste Kraft im Ärzte-Parlament wird. 2004 erreichte die Liste noch 20 Prozent.

Lachender Dritter könnte die Liste der Hausärzte werden. Sie belegte schon 2004 mit 17,6 Prozent Platz zwei. "Wenn das Wahlergebnis günstig ausgeht, kandidiere ich für das Amt des Kammer-Präsidenten", kündigt Spitzenkandidat Dr. Eckart Rolshoven an. Der 58-jährige Allgemeinarzt sitzt bisher als Beisitzer im Kammer-Vorstand.

Heimlicher Oppositionsführer im Ärzte-Parlament war in den vergangenen fünf Jahren aber der Völklinger Nervenarzt Dr. Thomas Kajdi. 2004 hatte er mit seiner "Liste Freie Ärzte" auf Anhieb 5,8 Prozent und damit drei Mandate errungen. Kajdi hatte unter anderem den Protest der Basis gegen das geplante neue Ärztehaus in Saarbrücken organisiert.

Getrübt wird der Kammer-Wahlkampf an der Saar zuletzt von einem "Hirtenbrief" der Saarländischen Krankenhausgesellschaft (SKG). In dem Schreiben an alle Verwaltungsdirektoren der Saar-Kliniken wurde mehr oder weniger eindeutig zur Unterstützung der "Unabhängigen Liste der saarländischen Krankenhausärzte" aufgerufen, die zuletzt 12,6 Prozent errungen hatte. Der Marburger Bund (Stimmanteil 2004: 15,1 Prozent), der ebenfalls um die Stimmen aus dem Klinik-Lager wirbt, sprach von einer "unerträglichen Einmischung". MB-Landeschef und -Spitzenkandidat Martin Erbe meint, es komme einem "Eklat" gleich, wenn sich die SKG derart einmische und Wahlempfehlungen ausspreche.

Hausärzte könnten die lachenden Dritten sein.

Das Zünglein an der Waage könnten bei der Wahl der nächsten Kammer-Spitze an der Saar die Zahnärzte sein. Denn bundesweit einmalig bilden Ärzte und Zahnärzte in Saarland eine gemeinsame Kammer. Von den 71 Mandaten in der Vertreterversammlung erhalten nach der Wahlordnung 55 die Ärzte und 16 die Zahnärzte. Die Zahnmediziner bekommen also 22,5 Prozent aller Sitze und stellen damit im neuen Kammer-Parlament möglicherweise die stärkste Fraktion.

Über 300 Kandidaten stellen sich zur Wahl

Die 5594 wahlberechtigten Ärzte und 832 Zahnärzte an der Saar können noch bis zum 6. Mai ihre Stimme abgeben. Sie entscheiden über die Verteilung der 55 Sitze für die Ärzte und 16 Sitze für die Zahnärzte. Um die Mandate im ärztlichen Lager bewerben sich zehn Listen mit mehr als 300 Kandidaten.

Außer den bisherigen Listen von Facharztforum, Hausärzten, Altärzten, Freien Ärzten, saarländischen Krankenhausärzten und Marburger Bund gibt es vier neue Listen: Die "Gemeinschaftsliste" von Kammer-Präsident Franz Gadomski, die "Integrationsliste" mit Vertretern von mehr als einem halben Dutzend Ärzte-Netzen, die "Liste Ärztliche Methodenfächer" um den saarländischen Radiologen-Chef Christoph Buntru und die gemeinsame Liste von NAV-Virchowbund und Hartmannbund.

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