Ost-KVen warnen eindringlich vor Abwicklung des Gesundheitsfonds

Der Gesundheitsfonds muss erhalten, der Risikostrukturausgleich weiterentwickelt werden. Das fordert die Arbeitsgemeinschaft der KVen in den neuen Bundesländern mit Blick auf die laufenden Koalitionsverhandlungen.

Thomas HommelVon Thomas Hommel und Angela MisslbeckAngela Misslbeck Veröffentlicht:
Wie weiter mit dem Gesundheitsfonds? Die Ost-KVen sprechen sich unmissverständlich für den Erhalt der Geldsammelbüchse in der GKV aus.

Wie weiter mit dem Gesundheitsfonds? Die Ost-KVen sprechen sich unmissverständlich für den Erhalt der Geldsammelbüchse in der GKV aus.

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BERLIN. Die Chefs der Kassenärztlichen Vereinigungen in Brandenburg, Mecklenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben den Streit zwischen CDU, CSU und FDP über die Zukunft des Gesundheitsfonds als "kontraproduktiv" eingestuft. Der Fonds leiste "einen gewichtigen Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit in Deutschland, der nicht fahrlässig aufgegeben werden darf", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der fünf KVen. "Ich halte es für extrem kritisch, wenn an dieser sinnvollen Konstruktion herumgeschraubt wird, bevor sie ihre Wirkung richtig entfalten hat", sagte der Initiator der Erklärung, Sachsen-Anhalts KV-Chef Dr. Burkhard John der "Ärzte Zeitung".

Für sinnvoll halten die Ost-KVen nicht nur den morbiditätsgewichteten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA), sondern auch die zusätzliche Steuerfinanzierung. Der Morbi-RSA sei eine Voraussetzung für einheitliche Versorgungsstandards. Die Verbesserung der Einnahmeseite durch eine dritte Säule, die Steuerfinanzierung, wiederum stabilisiere die Finanzbasis des Gesundheitssystems, "ohne Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Versicherer zusätzlich direkt zu belasten", heißt es in der Erklärung weiter. Das sei auch mit Blick auf die zunehmende Alterung der Gesellschaft nötig. Zudem hätten sich Gesundheitsfonds und Morbi-RSA gerade in der Krise bewährt und würden auch für die Zukunft eine halbwegs gleichmäßige Versorgung versprechen, betonte John.

In den vergangenen Jahren sei die Versorgung in bestimmten Regionen Deutschlands kaum noch flächendeckend aufrecht zu halten gewesen, heißt es in der Erklärung. Die fünf KVen verweisen auf zwei Gründe. Die Morbidität und das Durchschnittsalter der Bevölkerung ist im Osten stärker gestiegen als im Westen - damit auch der Behandlungsbedarf. Und: Die Finanzmittel sind im Osten nicht so stark gewachsen wie im Westen.

Die Initiative der Ost-KVen wendet sich daher auch gegen das Bestreben der Länder Bayern und Baden-Württemberg, die einen weiteren Abfluss von Finanzmitteln aus der ambulanten Gesundheitsversorgung in ihren Ländern durch massive Änderungen oder Abschaffung des Fonds verhindern wollen. Der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Ost-KVen, Dr. Hans-Joachim Helming, warf den beiden Ländern vor, sich aus der Solidarität verabschieden zu wollen. Die Kritik am Fonds sei zuletzt überlaut geworden. Daher hätten die KVen der fünf Ostländer es für nötig erachtet, auf die Vorteile der Geldsammelstelle der Kassen explizit hinzuweisen. "Es wäre ein Grundfehler, wenn man den falschen Denkansätzen aus dem Süden folgend den Gesundheitsfonds in Grund und Boden rennt, solange keine Alternative da ist, die eine ausgleichende solidarische Realisierung von Versorgungsleistungen ermöglicht", sagte Helming der "Ärzte Zeitung".

Am Freitagvormittag traf sich derweil die Koalitionsarbeitsgruppe Gesundheit zu weiteren Verhandlungen. Am Dienstag hatte der GKV-Schätzerkreis ein Defizit im Fonds von 7,4 Milliarden Euro für 2010 vorausgesagt. Die FDP macht den Fonds dafür verantwortlich und will ihn deshalb abschaffen.

Lesen Sie dazu auch: Union und Liberale pokern um den Fonds

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