Lauterbach: Gesundheitsprämie kostet Steuerzahler Milliarden

Eine Gesundheitsprämie, wie sie im Koalitionsvertrag geplant ist, würde den Staatshaushalt massiv belasten.

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BERLIN/KÖLN (fst). Wenn die schwarz-gelbe Bundesregierung tatsächlich eine einkommensunabhängige Prämie in der GKV anstatt des Umlageverfahrens einführt, würden auf den Steuerzahler Ausgleichszahlungen von fast 36 Milliarden Euro pro Jahr zukommen. Das hat eine Forschergruppe vom Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie der Universität Köln um den SPD-Gesundheitspolitiker Professor Karl Lauterbach errechnet.

Dabei gehen die Forscher davon aus, dass die Prämie pro GKV-Mitglied 145 Euro im Monat betragen würde. Bei diesem Szenario blieben Ehepartner beitragsfrei, ebenso Kinder. Wenn dagegen die kostenlose Mitversicherung entfällt, betrüge die Prämie noch 125 Euro.

Das Problem dabei wäre der steuerliche Ausgleich: Nimmt man als Belastungsgrenze acht Prozent des Einkommens an (bisher sind es 7,9 Prozent für Arbeitnehmer), dann hätten bei 145 Euro etwa 36 Millionen Menschen Anspruch auf einen Sozialausgleich. Wenn dagegen auch Ehepartner zahlen müssen, dann stiege der Kreis der Versicherten, die Anspruch auf Unterstützung hätten, sogar auf 40 Millionen Menschen.

Zusätzlich haben die Wissenschaftler in Szenarien berechnet, wie hoch der Steuerzuschuss ausfällt, wenn die Höhe der Prämie mit 150 oder 170 Euro angesetzt würde. Dann müssten knapp 52 Milliarden (150 Euro) oder fast 61 Milliarden Euro (170 Euro) aus der Staatskasse zugeschossen werden. Lauterbach weist darauf hin, dass die administrative Abwicklung der Prämie auch datenschutzrechtlich brisante Fragen aufwirft. Soll der Beitragseinzug weiter über den Arbeitgeber oder die Rentenversicherung laufen, dann müssten dort der Familien- und der Beschäftigungsstand der Familienmitglieder bekannt sein.

Die Forscher bezweifeln, dass mit Hilfe einer Prämie tatsächlich die Gesundheits- von den Lohnkosten entkoppelt werden können. Gewerkschaften würden bei Lohnverhandlungen zu erwartende höhere GKV-Prämien in ihre Lohnforderungen einbeziehen, so die These: "Werden dennoch Lohnabsenkungen als Folge der Prämien angenommen, wird auf ein Machtungleichgewicht zwischen den Tarifparteien gewettet", heißt es in dem Papier.

Hier kann die Expertise "Anmerkungen zur geplanten Einführung von einkommensunabhängigen Arbeitnehmerbeiträgen in der Krankenversicherung" heruntergeladen werden: www.uk-koeln.de/kai/igmg/sgmg/2009-07_pauschalen_2011.pdf

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