Hausarztmodell: geschätzt, doch oft unbekannt

Hausarztmodelle haben in der Versorgung eine geringe Bedeutung, meint die Kassenärztliche Bundesvereinigung. Die AOK hält dagegen: Die teilnehmenden Versicherten seien fast ausnahmslos zufrieden. Dies stehe eindeutig für die Behandlungsqualität.

Von Sunna Gieseke Veröffentlicht:

BERLIN. Nach Auffassung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) spielen Hausarztmodelle in der Versorgung nach wie vor eine Nebenrolle. Dennoch erneuerte KBV-Vize Dr. Carl-Heinz Müller die Forderung, das durch Paragraf 73b "faktisch geschaffene" Monopol des Hausärzteverbandes aufzulösen. Ebenso solle die Verpflichtung für Krankenkassen abgeschafft werden, die Verträge abzuschließen.

Die KBV sieht ihre Forderung durch Ergebnisse einer Patientenbefragung der Forschungsgruppe Wahlen belegt. Die von der KBV beauftragte Studie ist repräsentativ für die deutschsprachige Wohnbevölkerung. Mehr als 6000 zufällig ausgewählte Bürger wurden im Juni 2010 befragt.

Die Rückmeldungen belegen nach Auffassung Müllers, "dass die hausarztzentrierte Versorgung aus Sicht der Versicherten noch nicht die große Bedeutung im Sinne der Verbesserung der Versorgung" habe. Das bestätige die Einschätzung der meisten Patienten, durch die Teilnahme am Hausärztevertrag habe sich nichts an der Versorgung geändert, so Müller. Dieser Meinung waren etwa drei Viertel (73 Prozent) der Befragten (2008: 75 Prozent). 17 Prozent sahen eine Verbesserung. Damit hat der Anteil der Befragten, die eine höhere Versorgungsqualität in Hausarztverträgen wahrnehmen, seit 2008 um vier Prozentpunkte zugenommen.

Sechs Prozent empfanden die Versorgung als schlechter (2008: neun Prozent). Daraus schließt Müller: Aufwand und Ertrag der Hausarztverträge "stehen in keinem Verhältnis zueinander". "Deswegen fordern wir, dass selektive Verträge als Suchmodelle für Versorgungsverbesserungen als Add-on-Verträge ausgestaltet werden", sagte Müller. Fakt ist: Bundesweit kennen 59 Prozent der Befragten Hausarztmodelle. Der Bekanntheitsgrad sei im Vergleich zu 2008 um drei Prozentpunkte gesunken, so Müller.

40 Prozent der Befragten kennen die Programme zwar, nehmen aber nicht teil. 19 Prozent haben sich in einen Vertrag eingeschrieben. Die meisten Teilnehmer gibt es in der Gruppe der über 60-Jährigen. Je nach Region variiert der Bekanntheitsgrad der Hausärztemodelle. In Bayern geben 79 Prozent an, die Modelle zu kennen. Dagegen sind es in Rheinland-Pfalz 45 Prozent. Laut Umfrage kennen zum Beispiel nur 56 Prozent der Befragten in Baden-Württemberg Hausarztverträge. Dort sind etwa 700 000 Menschen in den AOK-Hausarztvertrag eingeschrieben.

Der KBV-Umfrage zufolge ist dort aber die Teilnehmerrate mit 17 Prozent - obwohl der AOK-Vertrag mit dem Hausärzteverband und Medi "viele öffentliche Wellen" geschlagen habe - "erstaunlicherweise leicht unterdurchschnittlich".Wie bekannt Hausarztmodelle seien, hänge auch damit zusammen, wie intensiv eine Kasse den Vertrag bewirbt, räumte Müller ein. Nicht jede Kasse sei erfreut darüber, einen Hausarztvertrag anbieten zu müssen.

Derweil vertritt die AOK Baden-Württemberg, deren Hausarztvertrag im Sommer 2008 gestartet ist, eine andere Position. AOK-Landeschef Dr. Rolf Hoberg verweist auf Patientenbefragungen. Danach hätten sich 97 Prozent der teilnehmenden Versicherten zufrieden oder sehr zufrieden mit der Versorgung im Hausarztvertrag gezeigt. Hinter diesen Zahlen "steckt tatsächliche Behandlungsqualität", sagt Hoberg. Unterdessen laufen in einigen Regionen noch Schiedsverfahren. Dort wird bislang kein Hausarztvertrag angeboten.

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